Dragon's Dogma 2, Elden Ring ... Das ist doch alles kein JRPG! Darum schadet das Label japanischen Spielen
Ein Rollenspiel aus Japan ist ein JRPG, richtig? Na ja, so leicht können wir uns das leider nicht machen. Es handelt sich vielmehr um ein eigenes Genre als eine Herkunftsbezeichnung. Das Label kann manchen Spielen daher sogar im Weg stehen.
Eine Geschichte mit Cringe-Potenzial, Charaktere mit viel zu wenig Kleidung und Anime-Klischees bis zum Gehtnichtmehr - ungefähr so lautet die Antwort, wenn ihr jemanden JRPGs beschreiben lasst, der nichts damit am Hut hat. Und ganz falsch liegt unser Kollege, den wir nicht namentlich nennen wollen, mit diesen Assoziationen auch gar nicht.
Aber neben den Prototypen, die diesen Klischees entsprechen, gibt es viele japanische Rollenspiele, auf die das überhaupt nicht zutrifft. Was genau es mit dem Subgenre auf sich hat, ist komplizierter, als der regionale Ursprung im Namen vermuten lässt. Deshalb kann es sogar schaden, wenn Spiele sich mit Vorurteilen rumschlagen müssen, weil sie vorschnell als JRPGs abgestempelt werden.
Viel mehr als nur die Herkunft
Der Begriff kommt allerdings nicht von ungefähr, schließlich erklärt er vermeintlich von selbst, was er bezeichnen will: ein japanisches Rollenspiel. Doch die Zuordnung bezieht sich vielmehr auf bestimmte Designentscheidungen und traditionelle Elemente als den reinen Ort der Herkunft.
Das Rollenspielgenre ist das einzige, bei dem wir diese begriffliche Unterscheidung überhaupt vornehmen. Schließlich ist Animal Crossing keine J-Simulation und The Legend of Zelda kein J-Adventure, obwohl beide von japanischen Entwicklerstudios stammen. Bei genauerer Betrachtung verhält es sich mit Rollenspielen im Grunde ganz genauso.
Nicht jedes Rollenspiel aus Japan ist ein JRPG. Und um die Genre-Kriterien zu erfüllen, muss ein Spiel nicht zwangsläufig aus dem Land stammen. Eine Einordnung rein auf der regionalen Ebene wird der diversen Palette an Spielen nicht gerechnet.
Vielmehr kann das verfrüht angebrachte Label nicht nur dem kreativen Schaffungsprozess, sondern auch dem späteren Erfolg des Titels im Weg stehen.
Denn mit dieser verallgemeinernden Vorgehensweise werden Titel wie Persona 3 Reload und Granblue Fantasy: Relink in einen Topf mit Dragon's Dogma 2 und sogar Elden Ring geworfen: Alles sind Rollenspiele, alle kommen aus Japan. Dennoch liegen Welten zwischen ihnen.
Quelle: Atlus Würde euch jemand nach einer JRPG-Empfehlung fragen und ihr schlagt ihm eines der From-Software-Spiele vor, wird die Person mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit nicht das bekommen, was sie sich erhofft hat. Sie orientieren sich nämlich deutlich stärker an der westlichen Tradition.
Das J steht für Vorurteil
Typisch japanische Rollenspiele sind deshalb keinesfalls schlecht. Im Gegenteil: Sie haben eine große Fangemeinde und werden gerade wegen ihrer Eigenheiten und Klischees geliebt. Genau deshalb sind sie allerdings auch polarisierend. Die öffentliche Wahrnehmung von JRPGs bringt daher einige Probleme mit sich.
Sie sind auch Spielern ein Begriff, die sich nicht für das Genre interessieren - allerdings nicht unbedingt auf die gute Art. Vergangenes Jahr äußerte sich Naoki Yoshida, der Produzent von Final Fantasy 16, zu dem Begriff JRPG.
In einem Interview mit Skill Up verriet er, dass er die Bezeichnung als diskriminierend empfindet. Grund dafür ist, dass die so bezeichneten Spiele direkt mit Vorurteilen behaftet sind - und das nur aufgrund ihrer Herkunft.
Quelle: buffed Als die Bezeichnung damals zum ersten Mal aufkam, wurde sie größtenteils von nicht-japanischen Medien und Spielern benutzt. Dadurch fühlte es sich für manche Entwickler so an, als würden ihre Werke vorschnell abgestempelt werden.
Final Fantasy 16 wollte man laut Yoshida ebenfalls nicht explizit zu einem JRPG machen. Stattdessen wollte das Studio einfach ein Rollenspiel nach seinen Vorstellungen entwickeln - wobei in diesem konkreten Fall sogar die Frage ist, wie viel Rollenspiel wirklich in dem Action-Fest steckt.
Auch wenn die Bezeichnung Yoshidas Aussage nach heutzutage deutlich positiver konnotiert ist und in Fan-Kreisen zuvor nicht als diskriminierend wahrgenommen wurde, fördert das Label dennoch Schubladendenken, wenn es um die Assoziationen mit den betroffenen Spielen geht.
Den oftmals vertretenen Klischees auf inhaltlicher Ebene wie zum Beispiel einer Tsundere in jeder Gruppe, praktischen Gedächtnisverlusten und ohrenbetäubendem Kampfgeplärre haben wir bereits einen ganzen Artikel gewidmet.
Doch die Unterscheidung zu Rollenspielen im klassischen Sinne beginnt bereits bei der grundsätzlichen Struktur des Spiels.
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Ein vorgegebener Pfad
Denn einer der größten Unterschiede zwischen JRPGs und westlichen Rollenspielen steckt in der Art und Weise, wie die Geschichte präsentiert und erlebbar gemacht wird. In japanischen Rollenspielen steuert ihr meist einen vorgegebenen Charakter, bei dem ihr vielleicht noch Name und Geschlecht auswählen dürft.
Was gilt nun für JRPGs? :-D Mal anders gefragt: Ist denn Elden Ring für Dich ein JRPG? Weil ich hab noch nie in der Fachpresse gesehen, dass es so bezeichnet wird. Mal als Soulslike, mal als Open World Action RPG. PCGames, GamePro und Gamestar nutzten alle in ihren mehrseitigen Tests den Begriff JRPG schlicht 0 mal. Warum? Ich würde argumentieren, weil sich die Leser unter dem Begriff etwas anderes vorgestellt hätten. Für mich ist das ein starkes Indiz, dass die Genrebezeichnung deutlich mehr umfasst, als nur die Herkunft.
Erster Satz von Wikipedia. "Anime (japanisch アニメ, , deutsch häufig , Plural: Animes und Anime) bezeichnet in Japan produzierte Zeichentrickfilme und Zeichentrickserien."
Wie gesagt, natürlich kann man aufgrund typisch japanischer Stilistik auch annehmen, dass etwas das nicht aus Japan ist ein Anime ist - das ist eben ein Missverständnis oder eben im Fall von Marketing eine Täuschung.
Ich bleibe dabei: Es gibt in Kunst und Kultur keine Parallele zu dem, was Du suggerierst und es ist mir daher schleierhaft, warum ausgerechnet hier eine Ausnahme gelten soll. Tango Argentino kommt aus Argentinien, aber den Stil kann man auch anderswo tanzen. Ein Stil hat IMMER prägnante stilistische Eigenschaften, die ihn definieren, so wie man eben auch sofort weiß, wie ein Manga auszusehen hat. Woher der oder die Macherin des Werkes kommt, spielt dabei am Ende keine Rolle.
Macht doch auch wenig Sinn, einen Stil nach der Herkunft zu bewerten und bei keiner Kunst- oder Kulturrichtung wird das so gehandhabt. Warum soll es hier anders sein?