Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück

9
Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück
Quelle: Paramount 

Unser Autor und ausgewiesener Star-Trek-Experte Sebastian Göttling blickt zurück auf den vielleicht besten Star Trek-Film: Star Trek 2: Der Zorn des Khan!

Die Rache als ständig wiederkehrendes und ermüdendes Motiv und eine Antagonisten-Suche sind Film-Bestandteile, gegen die sich im weiteren Verlauf der Filmserie sogar unschlagbare Indizien finden lassen. Spock würde sagen, dass daran festzuhalten äußerst unlogisch ist. Ein Beispiel. Am Ende des Films lässt sich Khan ziemlich leicht übertölpeln aufgrund eines Tatbestands, der bei Tageslicht betrachtet eher fadenscheinig wirkt: Der Despot stammt aus dem 20. Jahrhundert und, so behauptet die Enterprise-Crew erfolgreich, kennt im Seekampf nur die zweidimensionale Bewegung auf dem Wasser. Dabei vergessen sie, dass es zu Khans Zeiten durchaus schon Flugzeuge und Unterseeboote gab, die sich mit dem Prinzip der dreidimensionalen Kriegsführung befassen mussten.

Doch weil es die Story so will und der Film so gut ist, dass wir ihm am Ende alles glauben, glauben wir ihm auch das. Ein überzeugendes Zeichen für ein hervorragend geschriebenes Drehbuch, in dem es eben nicht nur um die Rache des Khan geht - auch, wenn der Film so heißt. Stattdessen geht es vorrangig darum, dass ein alter, müder, behäbig-selbstgefälliger und gleichzeitig zweifelnder Kirk von einem vor Wut blinden und unserem Helden eigentlich unwürdigen Popanz aus dem 20. Jahrhundert mit heruntergelassenen Hosen erwischt wird, daraufhin aus seinem Dornröschenschlaf erwacht und trotz einer großen Tragödie zu neuer Jugend findet.

Zu guter Letzt fehlt aber noch die Auflösung, warum ich damals im Herbst 1991 die VHS-Aufzeichnung von "Der Zorn des Khan" vorzeitig stoppte. Also gut: Obwohl ich schon 13 Jahre alt war, war ich bis zu dem Zeitpunkt sehr behütet aufgewachsen, was meinen Medienkonsum anging. Meine Film- und Fernsehwelt bestand aus Ducktales und dem sauberen Optimismus von "Star Trek: The Next Generation". Oder eben der Utopie, wie sie der erste Star-Trek-Kinofilm darstellt.

Andere Schulkollegen brüsteten sich schon bis zu zwei Jahre zuvor damit, dass sie Kung-Fu, Horror, Freddy Krueger und andere Bahnhofskinofreuden schauen durften (oder dies heimlich taten), doch für mich Hasenfuß war das unvorstellbar. Würmer, die blutig in Gehörgänge kriechen und saftigen Fleischwunden-Gore konnte mein unschuldiges Gemüt damals einfach noch nicht verarbeiten.

Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (9) Quelle: Paramount  Star Trek 2 Der Zorn des Khan: Eine Reise aus der Midlife-Crisis und zurück (9)

Folglich brach ich "Der Zorn des Khan" ab, etwa an der Stelle, wo Kirk, Dr. Marcus und die anderen Gestrandeten die Genesis-Höhle tief im Asteroiden betreten. Komisch eigentlich, wo doch meine allererste Star-Trek-Episode auch eine eher freakig-gruselige Angelegenheit war, "Skin of Evil" eben, aber die ging in Sachen blutiger Schauwerte doch bei Weitem nicht so "all-in" wie der zweite Kinofilm.

Zu meinem Glück jedoch zeigte SAT.1 nur einen Monat später den dritten Film, "Auf der Suche nach Mr. Spock", in der deutschen Erstausstrahlung. Den wollte ich unbedingt sehen und als Komplettist natürlich den storytechnischen Anschluss nicht verpassen. Den ich eigentlich schon längst hatte, weil Thorsten mir auf Ameland nachtwandernd die gesamte Geschichte des zweiten Films erzählt hatte.

Trotzdem, das war ja nur Hörensagen! Ich nahm all meinen Mut zusammen und schaute "Der Zorn des Khan" ein zweites Mal an, diesmal vollständig, und siehe da: Fortan konnte mich der wunderbare "Ekelschund" des zweiten Films nicht mehr erschrecken, vielmehr fühlte ich mich immer mehr dem Pulp zugeneigt.

Es gab kein Zurück mehr. Heute freue ich mich umso mehr über die wunderbar "shlockigen" Elemente des zweiten Kinofilms und feiere jeden Film, der mir solche grotesken Schauwerte als Salz in der Suppe bietet. Der Höhepunkt ist für mich aber heute - über dreißig Jahre später - die Szene in Kirks Apartment hoch über der Bucht von San Francisco. Es ist später Abend, draußen tuten Schiffe, drinnen ist es einsam und melancholisch.

Die Wohnung ist gefüllt mit Antiquitäten und Souvenirs eines eigentlich leeren Lebens und wir sehen Kirk, wie er mit kaum vorhandenem Lebensmut mit Kumpel Pille einen Brandy trinkt, in den brennenden Kamin starrt und seine verlorene Jugend betrauert.

Eine Jugend, die er am Ende des Films wiedergefunden haben wird. Ein prächtiger Film, der mich wiederum vom kindlichen Mediengenuss in die Welt der "Erwachsenenfilme" transportierte. Kirk fühlt sich am Ende des Films jung, ich hingegen fühle mich reifer - und auf halber Strecke begegneten wir uns.

Außerdem beliebt bei PC-Games-Lesern

Keanu Reeves als John Wick.

"John Wick der guten Laune": Gerade noch die Nr. 1 im Kino, jetzt streamen - trotzdem ein Flop

0
Diese Nummer 1 der Kino-Charts ist sehr bald zum Streamen verfügbar - und ein echtes Phänomen.
Das legendäre Logo von Star Wars.

Star Wars: Häme und Spott für die neue Serie, will Disney die Fans vergackeiern?

10
In den Augen vieler Star Wars-Fans übertreibt es Disney mal wieder maßlos.
Liv Tyler als Arwen.

Verärgert oder begeistert? Der Herr der Ringe: Was sagt Peter Jackson und sein Team über die Amazon-Serie?

0
Darf Amazon ebenfalls Herr der Ringe-Filme ins Kino bringen?

Sebastian Göttling, Jahrgang 1978, ist Ko-Moderator von Deutschlands beliebtestem Star-Trek-Podcast "Trek am Dienstag". Er forscht beharrlich auf den Retro-Gebieten Film und Fernsehen im Allgemeinen, Star Trek im Besonderen, Kultur- und Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts zwischen Space-Race und Mauerfall, Medienentwicklung, Kunst und Kommerz.

    • Kommentare (9)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von smurfsoft
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
        Ich erinnere mich noch an 2 Star Trek Filmnächte im Programmkino, in denen die ersten 5 bzw beim zweiten mal 6 Star Trek Filme am Stück gezeigt wurden. Da der 6. Film 1991 rauskam, dürfte das dann 1991 oder 92 gewesen sein.
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von smurfsoft
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
        Ich erinnere mich noch an 2 Star Trek Filmnächte im Programmkino, in denen die ersten 5 bzw beim zweiten mal 6 Star Trek Filme am Stück gezeigt wurden. Da der 6. Film 1991 rauskam, dürfte das dann 1991 oder 92 gewesen sein.
      • Von sauerlandboy79 Spiele-Guru
      • Von RoteRosen Hobby-Spieler/in
        Zitat von matrixfehler
        Schöner Artikel.
        Aber voller Rechtschreibfehler.
        War wieder kein Lektor in der Nähe?
        Nope, nur PC-Games^^
      • Von 08-of-15 Anfänger/in
        Yay für Good old Star Trek Content!
      • Von smurfsoft Anfänger/in
        Kleine Korrektur:
        "hier in Deutschland lief Star Trek übrigens bis zur großen Trek-Welle, die SAT.1 1994 mit der täglichen Next-Generation-Ausstrahlung lostrat, unter ferner liefen in kleinen Schuhkarton-Kinos, selbst der famose Khan"

        In Darmstadt liefen die Star Trek Kinofilme schon bei der Erstauführung in den jeweils größten Sälen. Mag aber auch daran liegen, daß zahlreiche Briten und US-Amerikaner hier lebten und leben, bedingt durch Raumfahrt und (damals noch) US Army Stützpunkt.
      Direkt zum Diskussionsende
  • Print / Abo
    Apps
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 PC Games MMore 06/2024 play5 06/2024 Games Aktuell 01/2024 N-Zone 06/2024
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 play5 06/2024 PC Games MMORE Computec Kiosk