Der 25. Geburtstag von Star Trek: So wild war das silberne Jubiläumsjahr

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Special Sebastian Göttling - Autor Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Der 25. Geburtstag von Star Trek: So wild war das silberne Jubiläumsjahr
Quelle: Interplay

Ein eigenes Videospiel zum Geburtstag von Star Trek? Das ist wirklich so passiert! Doch das ist nicht das einzig Ungewöhnliche, was das 25. Jubiläum mit sich brachte ...

Meine gute, alte, arme Enterprise hat in den letzten Minuten ganz schön was einstecken müssen. Einen Looping fliegt sie nach dem anderen - ein wenig untypisch für den schwerfälligen Pott, der sie eigentlich ist - doch trotzdem haben meine Widersacher, eine unerklärliche Kopie der Enterprise flankiert von zwei Schiffen der Elasi-Piraten - viel mehr Treffer gelandet als Mr. Sulu und auch Scotty kommt mit dem Reparieren der Schutzschilde nicht mehr hinterher.

Eigentlich sitzen sie da ganz gelassen, die Offizierinnen und Offiziere der Enterprise, an denen vorbei ich auf dem Hauptschirm ab und an ein gegnerisches Schiff vorbeiflitzen sehe bei dem Versuch, eines davon in die Mitte meines Fadenkreuzes zu bekommen.

Doch die Bordsysteme versagen nach und nach, und dank einer letzten, zerstörerischen Salve vergeht mein stolzes Schiff der Constellation-Klasse in einem Feuerball. Das heißt wohl, dass ich erneut den Spielstand laden darf und mich zum nunmehr mindestens zwanzigsten Mal in diese ausweglos scheinende Schlacht stürzen muss.

Kennt ihr das, wenn man sich mehrere Tage lang genüsslich durch ein Adventure-Spiel puzzelt und auf einmal mit einer Actionsequenz konfrontiert wird, die einerseits nervig und andererseits viel zu schwer ist für jemanden, der eigentlich zum Grübeln den Computer angeworfen hat?

Genau einen solch ungewollten und fürchterlichen Move stellt die allerletzte Mission von Star Trek: The 25th Anniversary dar. Ich selbst spielte sie irgendwann 1995 oder 1996 herum an meinem heimischen PC.

Doch allem Frust zum Trotz handelte es sich hierbei um das erste, vollumfänglich ernst zu nehmende und multimediale - um mal ein Buzzword der 90er zu verwenden - Star-Trek-Spiel. Bevor wir da tiefer einsteigen, ein kurzer Rückblick auf das, was das Franchise in den Jahren und Jahrzehnten davor auf dem Gaming-Sektor zu bieten hatte. Denn viel war das nicht.

The Promethean Prophecy, eines von zwei frühen Star-Trek-Text-Adventures vom Verlag Simon & Schuster Quelle: Simon & Schuster The Promethean Prophecy, eines von zwei frühen Star-Trek-Text-Adventures vom Verlag Simon & Schuster Weil Star Trek seit jeher die Nerds dieser Welt faszinierte, gab es bereits 1971, zwei Jahre nach dem Ende der Originalserie, auf frühen Mainframe-Rechnern ein nicht lizenziertes Spiel, das genau so hieß wie die Serie selbst, Star Trek.

Sehr krude sah das aus, denn obwohl es eine Weltraum-Simulation darstellte - umherfliegen und feindliche Raumschiffe bekämpfen -, gab es keine eigentliche Grafik, alles war textbasiert, so wurde beispielsweise die Enterprise einfach nur als der Buchstabe E dargestellt.

Ein bisschen wie "Schiffe versenken" war dieses Taktikspiel, nur dass es keinen menschlichen Gegner gab, sondern gute zwei Dutzend kreuz und quer übers All verstreute Kreuzer.

Doch verrückterweise handelt es sich hierbei um das eine Star-Trek-Spiel, das ich sogar heute noch am häufigsten spiele, jedoch in seiner 1992 mit Grafik und Sound für Windows-Systeme veröffentlichten Version Wintrek. Die viertelstündigen Spielpartien inspirieren und erfrischen mich oft in Schreibpausen [Emulator anwerf].

So, da bin ich wieder. Die ersten tatsächlich lizenzierten Spiele stammten indirekt aus eigenem Hause. Denn seit 1966 war der Mutterkonzern des Star-Trek-Produktionsstudios Paramount das große Konglomerat Gulf & Western. Dieses ging 1984 auf umfangreiche Einkaufstour und verleibte sich den New Yorker Verlag Simon & Schuster ein.

Dieser sollte daraufhin schnellstmöglich ein Star-Trek-Computerspiel veröffentlichen, doch weil der Verlag keinerlei Gaming-Kompetenz hatte, wagte man sich mit einem Text-Adventure an das Genre, das der Literatur am nächsten ist, die Interactive Fiction.

Die renommierte Star-Trek-Romanautorin Diane Duane übernahm die Story von The Kobayashi Alternative, deren Dialogszenen zwischen Kirk, Spock und McCoy entsprechend sehr unterhaltsam und treffend geschrieben waren. Doch die eigentliche Programmierung gelang äußerst schwach, das Text-Adventure kam vollkommen verbuggt auf den Markt und fuhr entsprechend vernichtende Kritiken ein.

Davon ließ sich Simon & Schuster allerdings nicht bremsen, denn nur ein Jahr später erschien bereits das zweite Trek-Text-Adventure, das unter dem ersten Jubiläumslabel herauskam und deswegen auch The 20th Anniversary hätte heißen können, stattdessen trug es aber den Titel The Promethean Prophecy.

Aus den Fehlern des Vorgängers hatte man lobenswerterweise gelernt und die zeitgenössische Fachpresse kam zu dem Schluss, dass es sich hier um ein wahrhaft gelungenes Star-Trek-Abenteuer handelte, wenn auch natürlich ohne Grafik.

Trotz dieses Erfolgs beendete der Verlag Simon & Schuster seinen Ausflug in Gaming-Gefilde und Fans mussten drei Jahre lang darauf warten, endlich ein zeitgemäßes Star-Trek-Spiel in Händen halten zu können. 1989 folgte die Versoftung des fünften Kinofilms Star Trek 5: The Final Frontier (Star Trek 5: Am Rande des Universums) des Entwicklers Mindscape.

The Promethean Prophecy, eines von zwei frühen Star-Trek-Text-Adventures vom Verlag Simon & Schuster Quelle: Paramount Home Entertainment The Promethean Prophecy, eines von zwei frühen Star-Trek-Text-Adventures vom Verlag Simon & Schuster Darin gab es zwar einige für die damalige Zeit detailreich digitalisierte Zwischensequenzen zu bestaunen, spielerisch handelte es sich aber um einen wilden und unausgegorenen Mix aus Raumschiffsimulation, Space-Shooter und sogar Beat 'em up, denn in einer Szene muss Kirk den klingonischen Kapitän Klaa amtlich vermöbeln.

Typisch für damalige, rasch hingeschluderte Filmumsetzungen waren die Kritiken mehr schlecht als recht, lediglich die ASM vergab eine glühende Rezension, die mit den - leider kaum stimmenden - Worten schloss "monatelanger Spielspaß ist garantiert".

Ein zeitgleich von Bandai zum selben Kinofilm entwickeltes NES-Spiel kam als Action-Jump&Run daher, wurde jedoch wegen selbst erkannter mangelnder Qualität niemals veröffentlicht. Mittlerweile kann man es sich jedoch anschauen, denn die ROM zieht ihre Kreise im Internet.

Jetzt aber! Das silberne Jubiläum war da - oder besser gesagt standen wir ein gutes Jahr davor, denn mit Blick auf Spieleentwicklungszeiträume möchte so etwas gut vorbereitet werden. Enter Brian Fargo, seines Zeichens Chef der legendären Spieleschmiede Interplay, die unter anderem in den 80er-Jahren die Rollenspielserie The Bard's Tale begonnen hatte.

Fargo war ein Mann mit einem feinen Gespür dafür, was ein gutes Spiel ausmacht und was nicht, und vor allen Dingen ein ausgemachter Fan von klassischem Star Trek. Als solcher war es sein größter Traum, der persönlichen Lieblingsserie ein angemessenes Gaming-Denkmal zum 25. Geburtstag zu setzen.

Doch mit dieser Idee war Fargo nicht der Erste, denn Paramount hatte bereits dem japanischen Studio Konami die Lizenz für Jubiläumsspiele gegeben und dort schickte man sich an, für die damals gängigen Nintendo-Konsolen Spiele zu entwickeln, in deren Fokus die Originalserie stand.

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Der gewiefte Fargo wurde daraufhin bei Konami vorstellig und schlug vor, dass seine Firma Interplay ihnen doch Arbeit abnehmen, die Version für das Nintendo Entertainment System programmieren könnte und, wo er nun schon einmal den Fuß in der Tür hatte, im Austausch dafür auch die Erlaubnis erhielt, ein eigenes Spiel für IBM-PCs zu entwickeln. Sein Vorhaben war also, ein Spiel zu machen, dass er entwickeln musste, um so die Erlaubnis zu bekommen, ein Spiel zu machen, an dessen Umsetzung ihm aufrichtig gelegen war.

    • Kommentare (2)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von 08-of-15 Anfänger/in
        Ich war zu dem Zeitpunkt noch etwas zu jung, um das alles so richtig mitzubekommen. Wie die Zeit vergeht ^^
      • Von 08-of-15 Anfänger/in
        Ich war zu dem Zeitpunkt noch etwas zu jung, um das alles so richtig mitzubekommen. Wie die Zeit vergeht ^^
      • Von jensmachwitz_88 Anwärter/in
        Ach ja, dass waren noch Zeiten. Hat man schon einiges mitgemacht. Danke für den wieder gut geschriebenen Artikel mit vielen mir auch bekannten Anekdoten Anfang der Neunziger. Gott sei Dank sind die Zeiten mit "Exklusiv"-Sender für so was vorbei. Muss man sich mal reinziehen, was das ZDF sich damals erlaubt hat!!
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