Sexuelle Belästigung: Ehemalige und aktuelle Mitarbeiterinnen klagen IGN an

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News Lukas Schmid - Brand / Editorial Director
Sexuelle Belästigung: Ehemalige und aktuell Mitarbeiterinnen klagen IGN an (1)
Quelle: IGN

Die aktuelle Welle an Enthüllungen über sexuelle Übergriffe an teils höchsten Stellen macht vor keiner Branche halt und hat auch längst die Videospiele-Industrie erreicht. Nun sieht die US-Amerikanische Multimedia-Webseite IGN.com sich massiven Vorwürfen ausgesetzt: Ein Senior Editor soll mindestens zwei jüngere Mitarbeiterinnen sexuell belästigt haben - und die Firma die Sache heruntergespielt haben.

#metoo hat es endlich möglich gemacht: Das stillschweigende Hinnehmen sexueller Übergriffe in allerlei Branchen wird, ausgehend von Hollywood, verstärkt thematisiert und entsprechende Fälle werden an die Öffentlichkeit gebracht. Unter anderen wurden nach der ursprünglichen Affäre rund um dem Filmproduzenten Harvey Weinstein bereits Schauspieler Kevin Spacey, Produzent und Regisseur Brett Rattner und US-Comedian Louis C.K. wegen sexueller Übergriffe beschuldigt, teilweise wurden die Vorwürfe auch schon bestätigt. Viele geplante oder sogar bereits fertiggestellte Projekte der beschuldigten Männer wurden daraufhin eingestellt, ihre Karrieren sind de facto beendet.

Nun steht der US-Multimedia-Konzern IGN.com, der schwerpunktmäßig in Text- und Videoform über Videospiele, Filme, Comics, Serien und mehr berichtet, im Zentrum der neuesten Vorwürfe. Kurz nach Mitternacht nach Mitteleuropäischer Zeit veröffentlichte die Homepage eine mit "A Statement from the IGN Team" überschriebene Stellungnahme. Mit dem Hinweis, dass das Statement von der Redaktion selbst und nicht von den oberen Etagen oder der rechtlichen Abteilung komme, entschuldigt sich das Team darin, ohne auf Details einzugehen, bei zwei nicht namentlich genannten Ex- beziehungsweise aktuellen Angestellten für sexuelle Belästigung, die vom Management des Unternehmens nicht ernstgenommen worden wäre. Das System, so die Mitarbeiter, habe gegenüber den betroffenen Mitarbeitern versagt. In einem langen Meeting habe man nun versucht, die Vorwürfe aufzuarbeiten. Der Human-Resource-Mitarbeiter, welcher die Anschuldigungen damals heruntergespielt hätte, sei schon länger nicht mehr Teil des Teams, doch sein Nachfolger wolle der Sache nun genau auf den Grund gehen. Die Geschehnisse hätten vor allem die betroffenen Frauen, aber auch alle anderen Mitarbeiter des Teams mit Schmerz erfüllt, so das Statement.

Die Branchenseite Gamasutra.com ging den nicht näher detaillierten Vorwürfen daraufhin genauer auf den Grund. In einem Hintergrundbericht zum Thema nennt sie den Namen des beschuldigten (ehemaligen) Senior Editors, Vincent Ingenito, der sich auf Twitter bei der betroffenen Ex-Mitarbeiterin Kallie Plagge entschuldigte, ihre Vorwürfe aber großteils zurückwies. Plagge hatte ihrerseits am 10. November unter dem Hashtag #metoo auf Twitter die Causa erstmals öffentlich gemacht. Die sexuellen Belästigungen hätten über Monate hinweg stattgefunden und neben ihr auch eine weitere, nicht namentlich genannte Mitarbeiterin betroffen.

Plagge hätte sich mit einer Beschwerde an Human Resources und das Management bei IGN gewandt, wurden aber mit dem Hinweis, dass sie sich "ihre Freunde besser aussuchen" solle, abgewiesen. Schlimmer noch, musste sie aufgrund ihrer Beschwerde ein Statement unterschreiben, in dem sie zugeben musste, dass sie sich unpassend verhalten habe und ein weiterer Vorfall zu ihrer Kündigung führen würde. Daraufhin musste sie noch weitere sechs Monate mit Ingenito zusammenarbeiten, bevor sie schließlich den Arbeitgeber wechselte.

Gestern kam weitere Bewegung in die Sache, als mehrere IGN-Mitarbeiter aus Solidarität mit Plagge und der zweiten nicht näher genannten Mitarbeiterin die Arbeit niederlegten. IGN-Mitarbeiterin Alanah Pearce kündigte etwa auf Twitter an, dass es an diesem Tag keine Ausgabe der News-Video-Reihe Daily Fix geben werde. Erst müsste IGN mit einem Statement und einer Entschuldigung an die Öffentlichkeit gehen - was wenige Stunden später geschah.

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    • Kommentare (54)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von JupiterLicht Anwärter/in
        Zitat von PeterBathge
        Bei so viel männlicher Ignoranz fällt selbst mir nichts mehr ein.
        Dito ;)
      • Von JupiterLicht Anwärter/in
        Zitat von PeterBathge
        Bei so viel männlicher Ignoranz fällt selbst mir nichts mehr ein.
        Dito ;)
      • Von Loosa Senior Community Officer
        Zitat von Spiritogre
        Ich schrieb die Fakten der Reihe nach neutral auf und habe anschließend meine Meinung kundtgetan und auch gesagt, dass jeder rein aus den Fakten sich sein eigenes Bild machen muss.
        Allerdings ist das meiner Ansicht nach sehr eindeutig:
        "Oh, ich wurde schlimm sexuell belästigt, das ist mir so peinlich, dass ich mich vom meinem Freund getrennt habe und dann mit dem Belästiger eine (sexuelle) Beziehung eingegangen bin".
        Also wer da immer noch die Einschläge nicht merkt, dem ist auch nicht mehr zu helfen.
        Dann hab ich das falsch aufgenommen, das tut mir leid.

        Für mich ging das von neutralen Punkten (Hotel, Party) über Mutmaßungen (wo wurde aus weiterhin Kontakt und einmal Sex eine monatelange Beziehung?) direkt hin zu ihr die Schuld zuschieben.

        Nichts davon macht ihre Version wahrer oder unwahrer. Ein Kuddelmuddel ist es allemal.
        Ich finde den Fall allerdings auch zu unwichtig um dem großartig weiter auf den Grund zu gehen.
      • Von Frullo
        Zitat von Spiritogre
        Ja, zweieinhalb Jahre nach der Trennung hält sie ihn im Nachhinein für ein Ekel und geht damit an die Öffentlichkeit. Als sie Interesse an ihm hatte natürlich nicht. Wie man das jetzt sehen will ist ebenfalls jedem selbst überlassen. Lästern über Exen ist ja bei vielen Menschen normal. Nur wie öffentlich und welche Auswirkungen das hat ist eben eine ganz andere Katagorie ob man das im eigenen Freundeskreis macht oder eben öffentlich.
        Vielleicht hielt sie ihn schon gleich nach der Trennung für ein Ekel, und vielleicht ging sie jetzt aufgrund der "metoo-Welle" an die Öffentlichkeit. Über ihre Motive können Du und ich nur spekulieren. Grundsätzlich finde ich es richtig, dass - Trump sei's (indirekt :D ) gedankt - dass heute die "Mauer des Schweigens" durchbrochen wird. Dass es dabei Trittbrettfahrer geben wird, ist leider unvermeidlich. Ein Grund mehr mit Urteilen zurückhaltend zu sein - in die eine oder andere Richtung.
      • Von Spiritogre
        Zitat von Frullo
        Das ist eine mögliche Sichtweise. Eine andere ist die, dass ihr erst im Nachhinein richtig bewusst wurde, was er da tatsächlich getan hatte. Es kann durchaus passieren, dass man zurückliegende Ereignisse später in einem anderen Licht sieht. Vielleicht hatte sie nach dem Ereignis tatsächlich Zweifel, ob sie ihm im Alkohol-Rausch nicht doch "Signale" vermittelt hatte. Sympathie, Freundschaft... das sind Gefühle, die die eigene Sicht zu Gunsten einer Person verklären können. Sind diese Gefühle erstmal weg, sieht die Sache vielleicht anders aus. Darum sehe ich es jetzt nicht so eindeutig wie Du.

        Auf jeden Fall sind Zweifel an ihrer Version der Ereignisse angebracht.
        Ja, zweieinhalb Jahre nach der Trennung hält sie ihn im Nachhinein für ein Ekel und geht damit an die Öffentlichkeit. Als sie Interesse an ihm hatte natürlich nicht. Wie man das jetzt sehen will ist ebenfalls jedem selbst überlassen. Lästern über Exen ist ja bei vielen Menschen normal. Nur wie öffentlich und welche Auswirkungen das hat ist eben eine ganz andere Katagorie ob man das im eigenen Freundeskreis macht oder eben öffentlich.
        Und ich sehe es eben so, wer sich damals nicht zu schade war mit jemanden eine (einvernehmliche) sexuelle Beziehung zu führen, der soll im Nachhinein nicht meckern wie schlimm der Partner doch war, denn wer war denn mit diesem A*sch zusammen ... da muss man sich dann doch an die eigene Nase fassen und nicht die Schuld auf den anderen schieben.
      • Von Frullo
        Zitat von Spiritogre
        Allerdings ist das meiner Ansicht nach sehr eindeutig:
        "Oh, ich wurde schlimm sexuell belästigt, das ist mir so peinlich, dass ich mich vom meinem Freund getrennt habe und dann mit dem Belästiger eine (sexuelle) Beziehung eingegangen bin".
        Das ist eine mögliche Sichtweise. Eine andere ist die, dass ihr erst im Nachhinein richtig bewusst wurde, was er da tatsächlich getan hatte. Es kann durchaus passieren, dass man zurückliegende Ereignisse später in einem anderen Licht sieht. Vielleicht hatte sie nach dem Ereignis tatsächlich Zweifel, ob sie ihm im Alkohol-Rausch nicht doch "Signale" vermittelt hatte. Sympathie, Freundschaft... das sind Gefühle, die die eigene Sicht zu Gunsten einer Person verklären können. Sind diese Gefühle erstmal weg, sieht die Sache vielleicht anders aus. Darum sehe ich es jetzt nicht so eindeutig wie Du.

        Auf jeden Fall sind Zweifel an ihrer Version der Ereignisse angebracht.
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