Spider-Man: Far From Home: Charmant, witzig, vorhersehbar

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Test Felix Schütz - Redakteur
Spider-Man: Far From Home: Charmant, witzig, vorhersehbar
Quelle: Sony Pictures

Nach Avengers: Endgame gönnt sich der Spinnenmann eine verdiente Auszeit: Mit Charme und Witz tourt Peter Parker kreuz und quer durch Europa, ein Selbstfindungstrip voll harmloser Gags und hoffungsloser Teenie-Romantik - zumindest bis Mysterio die Bildfläche betritt, riesige Elementarmonster die Urlaubsziele verwüsten und den Film mit einem Effektgewitter überziehen. Das Ergebnis ist toll besetztes, aber auch arg vorhersehbares Comic-Kino, das nie ganz die Klasse des Erstlings erreicht.

Ein bisschen undankbar ist die Aufgabe ja schon. Da hat Marvel eben noch mit Avengers: Endgame das wohl erfolgreichste Comic-Spektakel aller Zeiten abgeliefert - und nur ein paar Wochen später soll bereits der neue Spider-Man antreten, um die Phase 3 des MCU endgültig abzuschließen und nebenbei noch die Fackel in Marvels neue Kino-Zukunft weiterzutragen. Wie Far From Home dieser gewaltigen Aufgabe begegnet? Vor allem mit Leichtigkeit! Nach dem Gänsehaut-Finale von Avengers: Endgame, in dem praktisch alles aufgefahren wurde, was Rang und Superkräfte hat, musste man für den nächsten Spider-Man zwangsläufig ein wenig zurückrudern, die Einsätze senken - und dem Helden eine (sehr kurze) Auszeit gönnen.


SPOILERWARNUNG!

Keine Sorge, wir verraten natürlich keine wichtigen Details aus Spider-Man: Far From Home (jetzt kaufen 8,69 € ). Allerdings besprechen wir ab hier zwangsläufig einige Punkte aus Avengers: Endgame, da sie für Far From Home eine wichtige Rolle spielen. Solltet ihr Avengers: Endgame noch nicht gesehen haben, legen wir euch hier unsere spoilerfreie Kritik ans Herz.


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Spider-Man: Far From Home: Neuer Trailer zum Marvel-Blockbuster


Superheld macht Ferien

Denn zu Beginn hat Peter Parker die Nase erst mal gestrichen voll, er hängt sein Spinnenkostüm in den Schrank und düst mit seinen Freunden ab in die Ferien: Einmal quer durch Europa soll es gehen, unter anderem stehen Venedig, Prag und London auf dem Reiseplan. Stets an Parkers Seite: die sympathisch besetzte Clique, die wir schon aus Spider-Man: Homecoming kennen. Die erste halbe Stunde macht einfach Spaß, weil sie angenehm stressfrei daherkommt: Hormone liegen in der Luft, es geht um Teenagerliebe, Eifersucht und das Pech, in der Economyklasse den falschen Sitznachbarn erwischt zu haben. Regisseur Jon Watts nimmt dabei jeden noch so kleinen Gag mit, was dazu führt, dass sich die Humordichte über die gesamte Laufzeit von 129 Minuten hin und wieder erzwungen anfühlt. Das steht auch auch der Figurenentwicklung im Weg: Tante May (Marisa Tomei) bleibt zwar wunderbar liebenswert, verkommt im Laufe des Films aber zur Randnotiz. Vor allem aber sind es die meisten Nebenfiguren aus der Reisegruppe, die zu sehr auf der Stelle treten: Peters Kumpel Ned darf sich zwar in eine kleine Romanze stürzen, doch in der eigentlichen Handlung hat er dafür praktisch gar keine Funktion mehr - das war im Vorgänger Homecoming noch deutlich besser gelöst.

Dafür nimmt die Beziehung zwischen Peter Parker und MJ (Zendaya) ordentlich an Fahrt auf. Die Chemie zwischen den jungen Darstellern stimmt, auch weil MJ diesmal deutlich mehr zu tun hat, als nur ein paar coole Sprüche zu klopfen. Gegen Ende wird die aufkeimende Romanze aber unnötig in die Länge gezogen, fast man möchte man "Cut!" rufen und dazwischen gehen - ein Glück, dass Holland und Zendaya aber auch in diesen Momenten nie die Zügel aus der Hand geben und sich selbst dann noch tapfer durchspielen, wenn den Drehbuchschreibern mal wieder nix eingefallen ist.

Schon wieder die Welt retten?

Spider-Man: Far From Home: Cover Quelle: Marvel Studios Spider-Man: Far From Home startet am 4. Juli 2019 in den deutschen Kinos. In diesem Gefühlschaos versucht Peter immer noch, den Verlust seines Mentors Tony Stark zu verarbeiten - einer der interessantesten Handlungsfäden, der sich durch den gesamten Film zieht. Ist Parker würdig, Tonys Nachfolge anzutreten? In diesem Teil der Story nimmt glücklicherweise wieder Happy Hogan einen größeren Part ein, eine Paraderolle für den Charmebolzen Jon Favreau, der auch schon die Regie der ersten beiden Iron-Man-Filme übernahm und nun für die Vater-Sohn-Dynamik zuständig ist.

Viel Zeit zum Grübeln bleibt allerdings nicht: Riesige Elemantarbestien tauchen unvermittelt auf und beginnen eine Zerstörungsorgie quer durch verschiedene Städte. Spider-Man kämpft nach Leibeskräften gegen spektakulär gerenderte Wassermonster und Feuergestalten, was schon allein deshalb sehenswert ist, weil Tom Holland hier auch mal ohne Kostüm unterwegs ist und dabei deutlich mehr Körpereinsatz zeigen als früher. Doch dann erhält er unerwartete Hilfe in Form von Mysterio, eine komplexe Figur aus der langjährigen Comic-Vorlage, überzeugend gespielt von Jake Gyllenhaal. Plötzlich geht es um sehr viel mehr, um die Zerstörung der Erde, um Paralleldimensionen - und um einen zutiefst besorgten Nick Fury (Samuel L. Jackson), der sich am widerwilligen Parker die Zähne ausbeißt.

Eine Herausforderung: Mysterio

Wer Mysterios Rolle in den Comics kennt, der weiß: Bei ihm war vor allem die technische Umsetzung spannend. Wie bringt man eine Figur wie Mysterio mit all ihren ungewöhnlichen Fähigkeiten visuell glaubhaft auf die Leinwand? Marvel ist das Kunststück erstaunlich gut gelungen, wenn auch nur unter brutalem CGI-Einsatz, der vor allem in der zweiten Filmhälfte fast schon Überhand nimmt. Die schicken Rendereien zeigen zwar massig Spider-Action und halsbrecherische Kamerafahrten, nutzen sich aber nach einer Weile ein wenig ab.

Das liegt auch daran, dass die Handlung ihr eigenes Effektgewitter schon relativ früh entzaubert, verpackt in einen Plot Twist, den man schon von Weitem kommen sieht und der wohl nur jene überraschend wird, die noch nie ein Comic-Heft in der Hand hatten. Und selbst jene dürften sich vielleicht am Ende wünschen, dass sich Marvel einen etwas kreativeren Umgang mit der Materie zugetraut hätte. Auch manches Figurenverhalten ist zum Haare raufen, denn einige Charaktere treffen in diesem Film dermaßen abwegige Entscheidungen, dass man sich immer wieder in Erinnung rufen muss: Durchatmen, es ist eine Comic-Verfilmung. Es geht um Spaß, nicht um Logik!

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Spider-Man: Far From Home - International Teaser Trailer mit deutschem Ton

Und Spaß macht er ja trotz allem, der neue Spider-Man. Er kommt zwar nicht an seinen charmanten Vorgängerstreifen heran, setzt die Geschichte aber selbst dann noch temporeich um, wenn dem Drehbuch mal wieder ein paar Seiten zu fehlen scheinen. Das hat der Film auch seinem tollen Cast zu verdanken, allen voran Tom Holland, dem zu keinem Zeitpunkt die Puste ausgeht - selbst wenn dafür manche Figuren wie Maria Hill (ja, die taucht auch mal irgendwo auf) komplett überflüssig sind. Schade allerdings, dass der Film sich nicht noch mehr mit den Ereignissen von Endgame auseinander setzt und die Rückkehr der zahllosen Menschen, die Thanos' zuvor weggeschnippt hatte, noch stärker thematisiert - das allein hätte vermutlich schon einen spannenden Film abgegeben! Aber vielleicht ist dafür auch in Phase 4 des MCU noch genug Zeit.

Post-Credits-Szenen? Aber ja!

Ob Spider-Man womöglich noch einen dritten Solo-Auftritt haben wird? Die beiden Post-Credits-Szenen lassen gar keinen anderen Schluss zu. Ja, Far From Home hat endlich wieder zwei Abspannszenen zu bieten, nachdem Marvel in Avengers: Endgame unerwartet darauf verzichtet hatte. Darum unser Tipp: Unbedingt den kompletten Abspann sitzen bleiben - diesmal lohnt es sich! Wer sich spoilern will oder den Film schon gesehen hat, kann auch einen Blick in diese Meldung werfen: Überraschung nach dem Abspann - Das sind die Post-Credits-Szenen aus Spider-Man: Far From Home!

Spider-Man: Far From Home startet am 4. Juli 2019 in den deutschen Kinos.

Wertung zu Spider-Man: Far From Home (Film)

Wertung:

6/10

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