Legenden am Leuchtfeuer - Teil 2: So habt ihr die Geschichte von Dark Souls noch nie gehört!

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Special Malik Brugger - Autor Stefan Wilhelm - Redakteur Annika Menzel - Redakteurin
Legenden am Leuchtfeuer - Teil 2: So habt ihr die Geschichte von Dark Souls noch nie gehört!
Quelle: From Software

Gefallene Helden, zerstörte Königreiche und Scheusale mit tragischen Schicksalen: Die Lore von Dark Souls fasziniert Fans bis heute. Unser Autor Malik wagt einen Streifzug durch das düstere Fantasy-Universum und erzählt euch die Geschichte durch die Augen der Figuren, die sie geprägt haben.

Die From-Software-Spiele sind nicht nur bockschwer und gnadenlos, sondern auch ziemlich kryptisch. Eine klare Quest-Struktur und eine stringent erzählte Handlung? Fehlanzeige! Die Lore hinter der Spielwelt und den Geschehnissen gilt es selbst zu entziffern und sich so einen Reim daraus zu machen, was hinter den Kulissen geschehen ist.

Um euch die komplexen Geschichten näherzubringen, ist unser Autor Malik aus den Minen von Moria in die Welt von Dark Souls aufgebrochen und fasst für euch in mehreren Teilen zusammen, was genau dort eigentlich passiert ist. Also macht es euch am Leuchtfeuer gemütlich und taucht in die Welt von Lordran ein: Wir erzählen die Geschichte aus der Perspektive derer, die selbst vor Ort waren.

Nachdem wir im Prolog der Perspektive von Quelana gelauscht haben, geht es nun mit dem Anfang der Handlung vom ersten Dark Souls weiter. Die Hauptrolle übernimmt dieses Mal der Charakter unseres Erzählers, und berichtet dabei auch von seiner individuellen Vergangenheit.

Gefangen im Asyl der Untoten

Tausende Jahre vergingen. Das Königreich Lordran erblühte unter Gwyns Herrschaft. Doch kein Feuer währt ewig. Als die erste Flamme zu erlöschen drohte, stürzte die Welt in Chaos.

Dem Fluch war es bisher nicht gelungen, mich in den Wahnsinn zu treiben. Dem verdammten Tropfen zu meiner Rechten allerdings schon. Meine müden Augen wanderten zur modrigen Wasserlache. Tropf. Tropf. Eine Ratte huschte durch die Pfütze.

Bevor ich sie mit einem trägen Blick einfangen konnte, war sie bereits hinter den rostigen Gitterstäben verschwunden. Angestrengt starrte ich ihr hinterher, bis sich allmählich ein schwarzer Schleier um mein Blickfeld legte. Schwindel packte mich. Ich presste die Stirn gegen meinen dürren Arm, zusammengekauert in einer Ecke, und schloss die Augen. Tropf. Tropf.

Ein Leichnam stürzte vor meine nackten Füße. Verdutzt musterte ich den vom Fall verformten Körper. Aus dessen Hand rollte eine schwarze Porzellanurne, die ich an mich nahm. Mein Blick rauschte weit herauf, zu einer schmalen Öffnung im Gestein. Sie war mein einziges Fenster in die Außenwelt. Ich kniff die Augen zusammen.

Das grelle Licht trieb mir Tränen über die Wangen. Dennoch konnte ich die Umrisse einer Gestalt in vornehmer Rüstung erkennen, die sich herabbeugte. Es war ein Ritter. Er hatte die Leiche in meine Zelle geworfen. Ohne ein Wort zu verlieren, verschwand dieser allerdings. Er ließ mich allein. Ich wandte mein Gesicht ab.

Ritter Oscar sitzt auf dem Boden. Quelle: From Software Zwischen den blutigen Fetzen, die den Körper der Leiche umhüllte, lugte ein rostfarbener Schlüsselbund hervor. Ich nahm diesen zwischen die Finger. Ein verkratztes Stück Eisen, das mir die Freiheit schenken sollte.

Die Zellentür sprang klirrend auf. Jeder wankende Schritt sorgte für einen beißenden Schmerz, der meine nackten Fersen entlangjagte. Tänzelnde Fackellichter geleiteten mich einen schmalen Korridor entlang, vorbei an dutzenden Gitterstäben. Etwas lag in der Luft.

Eine trostlose Gestalt stand verstört im Schatten der flackernden Flammen, den Kopf verborgen hinter den Armen. Sein Verstand hatte ihn bereits verlassen. Er war zur Hülle verkommen. Dies schien unser Schicksal zu sein, seit jenem Augenblick, als die erste Flamme zu erlöschen drohte.

Mit ihrem schwindenden Licht brannte sich der Fluch der Untoten in das Fleisch der Menschen. Ob die Götter uns verflucht hatten? Wer wusste das schon. Mit jedem folgenden Tod verloren wir Stück für Stück unserer Selbst, bis schließlich nicht viel mehr übrigblieb als eine tragische Hülle. Ohne Erinnerungen. Ohne Sinn. Ohne Verstand.

Der Untote stürzte auf die wundgescheuerten Knie. Ich konnte sein Schluchzen vernehmen. Sein aufgebrachtes Schnappen nach Luft. Erbärmlich wand er sich vor mir wie eine Schlange ohne Kopf. Allerdings verstand ich keine der verwaschenen Silben, die über seine blutlosen Lippen drangen.

Er drückte sein blasses Gesicht gegen den Kerkerboden. Tränen verfingen sich in seinen wenigen Wimpern. Die Menschlichkeit glitt wie Sand zwischen unseren knochigen Fingern hindurch. Wortlos schleppte ich mich weiter voran, bis seine brüchige Stimme in der Ferne verhallte.

Der Weg in die Freiheit führte mich in den verlassenen Innenhof. Dunkle Mauern erstreckten sich Ziegel für Ziegel bis weit in den grauen Himmel. Aberhunderte Schneeflocken fielen auf meine gerötete, vernarbte Haut. Mein Körper war jedoch zu taub, zu tot, um die Kälte spüren zu können.

Ich ließ den Blick zu einem verblassten Schwert gleiten, das in einem Berg aus Asche und Knochen versengt war. Glut glomm schwach inmitten der Knochensplitter. Ich näherte mich der Asche, wie eine Motte, die vom Licht angezogen wurde. War es tatsächlich Wärme, die sich trotz des frostigen Bergwinds über meine Arme legte?

Die tiefrote Glut zog sich wie das letzte Abendrot durch Asche und Knochenreste. Ich konnte meinen gebannten Blick nicht von der Farbe lösen. Behutsam berührte ich das Schwertheft. Ein Kribbeln durchfuhr meine Finger. Die Luft vibrierte. Plötzlich fauchte das Feuer, als sei es aus einem tiefen Schlummer erwacht. Flammenzungen peitschten zwischen den Knochenstücken hervor.

    • Kommentare (2)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von JonahParker NPC
        Ich liebe den Schreibstil. Er ist locker und flüssig, ohne flach oder voller Klischees zu sein, dazu schafft er es, sofort zum Greifen echte Bilder zu wecken. Ich hoffe, diese Serie wird noch sehr lange gehen.
        Good Job!
      • Von JonahParker NPC
        Ich liebe den Schreibstil. Er ist locker und flüssig, ohne flach oder voller Klischees zu sein, dazu schafft er es, sofort zum Greifen echte Bilder zu wecken. Ich hoffe, diese Serie wird noch sehr lange gehen.
        Good Job!
      • Von Wutsli NPC
        Sehr gut geschrieben, die Geschichte hat mich direkt gepackt! Freue mich jetzt schon auf Teil 3!
      Direkt zum Diskussionsende
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