Black Widow Filmkritik: Die Totgeglaubten kehren zurück
"Black Widow", der erste Marvel-Blockbuster nach einem Jahr Kino-Abstinenz, verspricht nicht nur endlich wieder Superhelden-Action im Großformat, sondern auch einen würdigen Abschluss für Scarlett Johanssons Titelfigur. Es ist der erste und wohl auch letzte Solofilm für Black Widow, die bereits seit "Iron Man 2" zum Inventar gehört.
Nachdem das MCU im letzten Jahr eigentlich nur auf Disney Plus Zuhause war, kommen die Avengers nun endlich wieder auf die große Leinwand. In den nächsten sechs Monaten erscheinen gleich vier Kinofilme aus dem Hause Marvel, von denen sich die Hälfte um komplett neue Figuren drehen wird und die andere Hälfte einen Abschluss für bekannte Helden darstellt: "Spider-Man: No Way Home" beschließt die Trilogie, die 2017 mit "Spider-Man: Homecoming" begann, und "Black Widow" enthüllt die Hintergründe der Spionin Natasha Romanoff (Scarlett Johansson), die das Franchise eigentlich in "Avengers: Endgame" unwiederbringlich verlassen hat.
Wie viele regelmäßige Zuschauer der großen MCU-Show, die das Blockbusterkino seit nunmehr über zehn Jahren dominiert, bin auch ich der Meinung, dass die Figur schon längst ein eigenständiges Abenteuer verdient gehabt hätte. Scarlett Johansson ist bereits seit "Iron Man 2" ein regelmäßiges Castmitglied und eine hervorragende Schauspielerin, die definitiv einen Superheldenfilm alleine stemmen kann. Über die Jahre formte sie Black Widow (jetzt kaufen 7,99 € ) vom Bond-Girl, das sich mit Sex-Appeal Tony Starks (Robert Downey Jr.) Vertrauen erschleicht, zu - im Prinzip - James Bond. Dementsprechend schade ist es, dass mit ihrem Solofilm "Black Widow" nun wohl auch ihr Abschied vom MCU einhergeht. Nach der Vorführung des Films kann ich nämlich mit hundertprozentiger Sicherheit sagen, dass ich mit Freuden auch noch in "Black Widow" Teil 2-5 gegangen wäre.
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Das ferne Jahr 2016
Der Film spielt direkt nach den Ereignissen von "Captain America: Civil War". Die Avengers sind zerfallen und General Ross (William Hurt) auf der Jagd nach den Anhängern von Steve Rogers (Chris Evans), zu denen auch Black Widow zählt. Nach einer Fluchtsequenz befinden wir uns in Norwegen, wo Romanoff ein Paket mit Nachricht von ihrer Adoptivschwester Yelena (Florence Pugh) erreicht, die sie über die grausamen Machenschaften des totgeglaubten Sovjet-Offiziers Dreykov (Ray Winstone) informiert. Kurz darauf wird Black Widow von Dreykovs Handlanger Taskmaster angegriffen, der es auf den Inhalt des Pakets abgesehen hat. Die Heldin kommt nur knapp mit dem Leben davon und macht sich auf nach Budapest, um ihre entfremdete Schwester zu finden...
Quelle: Marvel Studios
Noch bevor die eigentliche Handlung einsetzt, erzählt der Prolog allerdings von Natasha Romanoffs erster Flucht aus Amerika in den 90ern - damals im Kindesalter und an der Seite ihrer Schwester. Die Nacht- und Nebelaktion, in der die Beiden aus dem Land geschmuggelt werden, ist dann auch gleich so dermaßen spannend inszeniert, dass selbst ein eher gleichgültiges Publikum danach eine hohe Erwartungshaltung an den restlichen Film haben sollte. Die dieser dann auch größtenteils erfüllt.
Quelle: Marvel Studios Nach der Titelsequenz, die mit einer grässlich langweiligen Cover-Version des Nirvana-Hits "Smells like Teen Spirit" hinterlegt ist, legt "Black Widow" ein halsbrecherisches Tempo vor: Innerhalb weniger Minuten sind tatsächlich schon alle wichtigen Figuren eingeführt und ihre Beziehungen zueinander geklärt. Danach jagt eine aufregende Actionsequenz die nächste und wir verweilen nie zu lange an einer Location. Natasha und ihre Schwester raufen sich - erst in einem Kampf auf Leben und Tod und dann zusammen - und machen sich schließlich auf die Suche nach ihren ehemaligen Mentoren und Elternfiguren Alexi (David Harbour) und Melina (Rachel Weisz).
Grandiose Johansson, grandiose Pugh
Dabei legt Regisseurin Cate Shortland sowohl in den Actionszenen als auch in den emotionalen Momenten eine beeindruckende Effizienz an den Tag. Florence Pugh ("Midsommar") und Scarlett Johansson lassen keinen Zweifel daran, wieso sie in ihrem Beruf zur absoluten Weltklasse gehören. In nur wenigen Szenen schaffen es die Schauspielerinnen, die komplexen Gefühle ihrer Figuren zueinander fürs Publikum greifbar, mitreißend und unterhaltsam zu machen, ohne dass dabei besonders viel gesagt wird.
Vor allem Pughs Yelena sollte aus "Black Widow" als Fanliebling hervorgehen. Statt ihre verletzten Gefühle hinter einer Fassade zu verbergen und sich nur mit Natasha zu kabbeln, überrascht Yelena ihre Schwester und das Publikum an diversen Stellen mit ungewohnter emotionaler Aufrichtigkeit. Das macht sie direkt zu einer interessanteren Figur als es die generelle Buddy-Movie-Dynamik zwischen den Beiden auf den ersten Blick vermuten lässt.
Quelle: Marvel Studios
Auch der Rest des Ensembles bekommt jeweils genügend Momente im Rampenlicht spendiert und darf sich an einem russischen Akzent versuchen. David Harbour ("Stranger Things") ist als Alexi in erster Linie für die lustigen Sprüche verantwortlich und wandelt auf dem schmalen Grat zwischen amüsanter Blödelei und Nervigkeit. Was seine Figur davor rettet, vollends auf die falsche Seite dieses Grats zu fallen, ist die Tatsache, dass der Hintergrund der Gags meist recht düster ist, was der allgemeinen Albernheit etwas entgegenwirkt.
Rachel Weisz ("The Favourite") hat als die zwielichtige Ausbilderin Melina dann ebenfalls eine tragende Rolle, wirkt aber zu keiner Zeit wirklich gefordert. Trotzdem liefert die Britin wie gewohnt eine glaubwürdige Performance ab. Einzig Ray Winstones Antagonist Dreykov bleibt von vorne bis hinten eindimensional, was aber definitiv nicht dem Schauspieler geschuldet ist.
Der dritte Akt, in dem die Konfrontation mit Dreykov stattfindet, kann qualitativ schlicht nicht mit dem Rest des Films mithalten. Dafür ist der Showdown leider zu konventionell und der ein oder andere Konflikt zu leicht aus der Welt geschafft. Außerdem werden die Figuren zunehmend geschwätziger und neigen dazu, Entwicklungen zu ausführlich zu erklären. Zumindest bleiben ein paar Einzelmomente dann aber durch überraschende Grausamkeit im Kopf.
"Black Widow": Der brutalste MCU-Film?
Allgemein haben wir es bei "Black Widow" mit einem für MCU-Verhältnisse sehr harten Actionfilm zu tun. Hier werden Leute erschossen, abgestochen, gewürgt und selbstverständlich reihenweise in die Luft gesprengt. Mindestens an drei verschiedenen Stellen werden sichtbar Knochen gebrochen und ihr solltet euch einstellen auf die Darstellung von Tierquälerei, implizierten Kindermord und rabiate Gewalt gegen Frauen. Im Gegensatz zu anderen Franchise-Einträgen ist die Gewalt hier auch von Natur aus weniger fantastisch. Wo das Umbringen von Gegnern in den "Guardians of the Galaxy"-Filmen allein durch die Anwesenheit eines sprechenden Waschbärs eine gewisse Verspieltheit erhält, geht die Brutalität hier von Menschen aus und wird mit menschlichen Waffen, Fäusten und Sprengkörpern durchgeführt.
Quelle: Marvel Studios
Das Einzige, das diese Echtheit ein klein wenig stört, ist dass viele der Kampfszenen offensichtlich mit CGI erweitert wurden. Das sieht gelegentlich ein bisschen merkwürdig aus, tut dem Spaß aber grundsätzlich keinen Abbruch. Die einzelnen Sequenzen sind für MCU-Verhältnisse nämlich trotzdem erfrischend klassisch gehalten und ufern auch, zumindest in den ersten zwei Dritteln, nie zu superhelden-typischem Bombast aus.
Meinungen(2)
In eigener Sache:
"Black Widow" wird auch in der nächsten Folge des Heim Kino Podcast Thema sein (natürlich ohne Spoiler). Außerdem sprechen wir noch über einige weitere Filme, die in den nächsten Wochen ins Kino kommen. In der letzten Ausgabe ging es u.a. bereits über Godzilla Vs. Kong und Der Rausch.
Er ist nicht tot, nein, aber älter geworden...Herr je, kannst du nicht einfach eingestehen, dass du nicht recht hast? Und schon gar nicht mit der Aussage, dass Comichelden prinzipiell nicht altern oder warum hältst du dich so krampfhaft jetzt an Batman auf?
Es gibt mehrere Bruce Wayne Nachfolger, die sich den Mantel überstreiften, in Comics und in Büchern.
Dick Grayson, Damian Wayne, Terry McGinnis...auch mal kurz Jason Todd.