Sega Master System: Im Schatten von Nintendo - ausführlicher Retro-Rückblick

5
Special Sönke Siemens - Autor Benedikt Plass-Fleßenkämper - Autor Maria Beyer-Fistrich -
Sega Master System: Im Schatten von Nintendo - ausführlicher Retro-Rückblick
Quelle: Lizardcube

In den USA und Japan musste sich das Sega Master System stets dem Nintendo Entertainment System geschlagen geben. In Europa und Brasilien jedoch genießt die 8-Bit-Konsole Kultstatus - zum Teil bis heute. Warum das so ist, verrät unser ausführlicher Retro-Rückblick.

Um die bewegte Geschichte des Sega Master Systems besser zu verstehen, lohnt ein Zeitsprung zurück ins Jahr 1982. Das einst florierende Geschäft mit Spielhallenautomaten bringt nicht mehr die gewünschten Erträge, weshalb sich Sega Enterprises entschließt, sein Glück auf dem wachsenden Heimkonsolenmarkt zu versuchen. Ein nachvollziehbarer Schritt, denn auch Unternehmen wie Atari, Mattel oder Coleco feiern zu dieser Zeit mit TV-gebundenen Spielkonsolen wie dem Atari 2600, dem Intellivision oder dem ColecoVision nennenswerte Erfolge.

Die Folge: Am 15. Juli 1983 erscheint in Japan das SG-1000 (kurz für Sega Game). Die vorrangig in weiß gehaltene Konsole verfügt über einen Das SG-1000: Segas allererste Heim-TV-Konsole. Obwohl technisch schwächer, gilt sie historisch betrachtet als der Wegbereiter der späteren Master-System-Hardware. Quelle: Evan Amos / Wikipedia Das SG-1000: Segas allererste Heim-TV-Konsole. Obwohl technisch schwächer, gilt sie historisch betrachtet als der Wegbereiter der späteren Master-System-Hardware. Prozessor des Typs Zilog Z80A mit 3,58 Megahertz, 1 Kilobyte Arbeitsspeicher sowie dedizierten Sound- und Grafik-Chips von Texas Instruments. Letzterer stellt die auf Modulen ausgelieferten Spiele in einer Auflösung von 256 x 192 Pixeln bei 16 Farben dar, kann auf 16 KB VRAM zugreifen und stemmt bis zu 32 Sprites gleichzeitig. Mangels namhafter Launch-Titel startet das System zwar zunächst etwas holprig, macht dann jedoch durch ein konstantes Software-Angebot Boden gut und beschert Sega allein im Jahr 1983 knapp 160.000 verkaufte Geräte - 110.000 mehr als für das erste Jahr geplant. Ein kleiner Triumph für Sega - und der Hauptgrund dafür, dass das Unternehmen nun verstärkt Hoffnungen in den Heimkonsolenmarkt setzt.

Doch schon ein Jahr später sieht die Situation in Japan gänzlich anders aus, das SG-1000 verkauft sich im Direktvergleich mit dem Famicom von Nintendo nur noch schleppend. Erschwerend kommt hinzu, dass die Nachwehen des Videospiel-Crashs von 1983 immer heftiger zu spüren sind und Sega in seinen Grundfesten erschüttern. Sega-Mitbegründer David Rosen und sein Kollege Hayao Nakayama wollen die Flinte trotzdem nicht so schnell ins Korn werfen und entscheiden sich im März 1984 dazu, die japanischen Firmenanteile von Sega für 38 Millionen US-Dollar zu kaufen. Unterstützt werden sie dabei von der CSK Corporation, einem Technologie-Giganten aus Japan. Die erste Variante des Sega Master System bietet sowohl einen Schacht für Steckmodule (oben), als auch einen für „My Card“-Speicherkarten (vorne). Im Gegensatz zum Master System verfügt es zudem über einen Reset-Schalter und einen Erweiterungsschacht auf der Rückseite. Quelle: Evan Amos / Wikipedia Die erste Variante des Sega Master System bietet sowohl einen Schacht für Steckmodule (oben), als auch einen für „My Card“-Speicherkarten (vorne). Im Gegensatz zum Master System verfügt es zudem über einen Reset-Schalter und einen Erweiterungsschacht auf der Rückseite.

Die Evolution des SG-1000

Erleichtert über den gelungenen Rettungsversuch fasst Sega sogleich neue Projekte ins Auge und bringt bereits am 31. Juli 1994 das SG-1000 II für 15.000 Yen auf den Markt. Wichtigste Neuerungen: Während die interne Hardware gleichbleibt, steckt Sega sie in ein komplett neu gestaltetes, deutlich futuristischer anmutendes Gehäuse und platziert den für das Sega-Keyboard gedachten Erweiterungsschacht von hinten nach vorn. Das einst fest verkabelte Gamepad weicht hingegen zwei abnehmbaren Controllern, die - das Famicom lässt grüßen - bei Nichtgebrauch links und rechts am Gerät Platz finden.

Auch spannend:

Die Konsole

40 Jahre Intellivision: Rückblick auf die 16-Bit-Kultkonsole von Mattel

2
Wie konnte Intellivision den großen Videospiel-Crash der 80er-Jahre überleben? Und was genau macht das Intellivision eigentlich so besonders?

Stichwort Controller: Diese werden nun rückseitig in das Gerät gestöpselt und im Vergleich zum Vorgängermodell nicht mehr vertikal, sondern horizontal gehalten. Darüber hinaus reagieren die SJ-150 genannten Gamepads präziser und sind hochwertiger verarbeitet als die des SG-1000. Wer mag, darf außerdem den mittig auf dem D-Pad montierten Joystick abschrauben. Allzu viel bringen diese Anpassungen trotzdem nicht, denn in Japan hat sich Nintendo dank weiterhin leistungsstärkerer Hardware, ständig wachsendem Famicom-Katalog und zugkräftiger Dritthersteller-Kooperationen mittlerweile einen komfortablen Vorsprung erarbeitet. Die Lösung aus Sicht von Sega? Eine weitere, diesmal jedoch auch intern verbesserte Konsole muss her!

Das Sega Mark III soll die Wende bringen

Das Ergebnis dieser Bestrebungen hört auf den Namen Sega Mark III und erhält eine umfassende Frischzellenkur. Allen voran beim Arbeitsspeicher, der sich auf 8 KB erhöht - viermal so viel wie beim Famicom, das mit gerade mal 2 KB auskommen muss.Besonders seltene Master-System-Spiele
Auch das Sega Master System verfügt über einige echte Raritäten. Eine davon: die US-Fassung von Sonic The Hedgehog. Genauer gesagt ein PAL-Modul, dessen Barcode mit einem US-Barcode (der mit der Nummer 01008 beginnt) überklebt wurde. Hintergrund für den hohen Seltenheitsfaktor: Als das Sega Genesis (aka Mega Drive) in den USA an Fahrt aufnahm, stellte man in den USA keine Master-System-Module mehr her. Um die Master-System-Fassung von Sonic The Hedgehog trotzdem in den USA anbieten zu können, importierte Sega schlichtweg die PAL-Fassung des Spiels aus Europa und überklebte den europäischen Barcode. Heute rangieren Sonic-Versionen, die über einen intakten US-Barcode verfügen, zwischen 500 bis 1000 Dollar.

Die Grafikeinheit wird ebenfalls ordentlich aufgepeppt, kann nun bis zu 64 Sprites berechnen und obendrein 32 statt 16 Farben (aus einer Palette von 64) gleichzeitig darstellen. Das Famicom schafft nur maximal 25 gleichzeitig. Sofern man die FM-Sound-Einheit hinzukauft, schlägt das Mark III das Famicom zudem in Sachen Tonausgabe. Eine weitere Neuerung ist der Steckplatz für scheckkartengroße, "My Card" genannte Speicherkarten, die sich etwas günstiger produzieren lassen als herkömmliche Module. Nicht zu vergessen der 8-Pin-A/V-Port auf der Rückseite. Er sorgt für eine deutlich bessere Bildqualität als beim SG-1000 II.

Das Sega Mark III geht am 20. Oktober 1985 für 15.000 Yen an den Start und findet bis Jahresende über eine Million Abnehmer. Das Problem: Bereits Anfang 1985 kann Nintendo über 2,5 Millionen durchverkaufte Famicom vorweisen und baut diesen Vorsprung in Japan kontinuierlich aus. Mittel zum Zweck sind insbesondere Exklusivverträge mit Third-Party-Entwicklern, die sich verpflichten müssen, ihre Spiele nur auf dem Famicom zu veröffentlichen. Die Lichtpistole des Master System hört auf den futuristischen Namen Light Phaser. Das Design der Plastikwaffe basiert auf dem Look einer Waffe aus Zillion, eine 31-teilige Anime-Serie, welche zwischen dem 12. April und dem 13. Dezember 1987 in den USA ausgestrahlt wurde. Quelle: Evan Amos / Wikipedia Die Lichtpistole des Master System hört auf den futuristischen Namen Light Phaser. Das Design der Plastikwaffe basiert auf dem Look einer Waffe aus Zillion, eine 31-teilige Anime-Serie, welche zwischen dem 12. April und dem 13. Dezember 1987 in den USA ausgestrahlt wurde.

Sega hingegen punktet vornehmlich mit Umsetzungen eigener Arcade-Hits. Um das eigene Software-Portfolio zu stärken und Nintendos Third-Party-Knebelverträge zu umgehen, erwerben die Japaner zudem Portierungslizenzen beliebter Games und lassen sie für das eigene System neu programmieren. Ein Beispiel hierfür ist Taitos Handkanten-Gewitter Double Dragon, welches von Arc System Works sauber für das Sega Mark III angepasst wird.

Go West!

Rückblickend betrachtet geht die Rechnung in Japan trotzdem mehr schlecht als recht auf, woraufhin Sega den Entschluss fasst, eine massive Zielgruppenerweiterung vorzunehmen und das Mark III auch Käufern in den USA schmackhaft zu machen. Vermarktungstechnisch setzt Sega dazu auf eine Strategie, die Rivale Nintendo bereits beim US-Launch des Nintendo Entertainment Systems (kurz: NES) im Oktober 1985 erfolgreich angewendet hatte. Will heißen: Man zwängt die bewährte Hardware in ein neues Gehäuse und ändert den Namen. Aus dem einst weißen Sega Mark III wird so im Herbst 1986 das vornehmlich in schwarz gehaltene, futuristisch anmutende Sega Master System. Der Controller des Master System verfügt über ein 8-Wege-Steuerkreuz sowie zwei Aktionstasten. Die Taste 1 ist doppelt belegt und fungiert auch als Start-Taste. Der Mini-Joystick (unten links im Bild) lässt sich abschrauben. Spätere Controller-Modelle (oben) verfügen nicht über dieses nette Detail. Quelle: Evan Amos / Wikipedia Der Controller des Master System verfügt über ein 8-Wege-Steuerkreuz sowie zwei Aktionstasten. Die Taste 1 ist doppelt belegt und fungiert auch als Start-Taste. Der Mini-Joystick (unten links im Bild) lässt sich abschrauben. Spätere Controller-Modelle (oben) verfügen nicht über dieses nette Detail.

Sega bewirbt die Konsole in zwei Varianten: Die günstigere kostet zum Start ca. 100 Dollar und beinhaltet lediglich die Power Base genannte Grundeinheit samt Controller sowie eine sogenannte Combo Cartridge bestehend aus der Arcade-Raserei Hang-On und dem Top-Down-Shooter Astro Warrior. Wer etwa 30 Dollar drauflegt, erhält derweil das "The Sega Master System", welches nicht nur die Light Phaser genannte Lichtpistole beinhaltet, sondern obendrein eine Combo Cartridge mit Hang-On und dem Ballerspaß Safari Hunt.

Sega flankiert den Start der Konsole mit einer großangelegten Marketingkampagne und erhofft sich dadurch bis Jahresende mehr als 400.000 verkaufte Einheiten. Doch aus den ehrgeizigen Zielen wird nichts; gerade einmal 125.000 Exemplare gehen in Nordamerika bis zum 31. Dezember 1986 über die Ladentische. Ein enttäuschender US-Auftakt - und ein Tropfen auf dem heißen Stein im Vergleich zu den 1,1 Millionen NES-Geräten, die Nintendo zu diesem Zeitpunkt bereits unters Volk gebracht hat.

Und es kommt noch schlimmer, denn trotz zahlreicher Spiele-Perlen wie Wonder Boy in Monster Land, Phantasy Star oder Alex Kidd in Miracle World sowie tatkräftiger Unterstützung von Activision (Ghostbusters, Rampage, Bomber Raid) und Parker Brothers (Montezuma's Revenge, King's Quest: Quest for the Crown) will das Master System in den USA auch in den Folgejahren einfach nicht so recht an Fahrt aufnehmen. Das Drama geht schließlich so weit, dass Nintendo im 1988 sagenhafte 83 Prozent Marktanteil vorweisen kann. Sega hingegen veräußert die amerikanischen Distributionsrechte für das Master System noch im selben Jahr aus Frust an den Spielwarenhersteller Tonka. Das von Nintendos Duck Hunt inspirierte Safari Hunt ist ein klassischer Lightgun-Shooter und wurde zusammen mit dem Arcade-Racer Hang On auf einem Multi-Modul gebündelt. Quelle: Moby Games Das von Nintendos Duck Hunt inspirierte Safari Hunt ist ein klassischer Lightgun-Shooter und wurde zusammen mit dem Arcade-Racer Hang On auf einem Multi-Modul gebündelt.

Tonka, ein Traditionsunternehmen aus Minnesota, kennt sich mit dem Verkauf von robusten Miniaturfahrzeugen für Kinder bestens aus. Eine Videospiel-Konsole aus Japan an den Mann beziehungsweise die Frau zu bringen, stellt die Firma jedoch vor eine bisher ungeahnte Herausforderung - die Tonka zur Enttäuschung vieler Sega-Fans leider gehörig vergeigt. Unter anderem, indem man die Lokalisierung vieler wichtiger Releases aus Kostengründen blockiert.

Besser spät als nie: Segas Siegeszug in Europa

Während sich in den USA ein klarer Abwärtstrend abzeichnet und die US-Produktion Anfang 1992 letztendlich komplett eingestellt wird, läuft es für Sega zum Europa-Start Ende 1987 deutlich besser. Zum einen, weil Platzhirsch Nintendo in diesem Markt noch nicht so prominent vertreten ist und das NES hier eher zaghaft bewirbt. Zum anderen, weil Sega die technischen Vorzüge des Master Systems im Vergleich zu rivalisierenden Systemen - allen voran die Heimcomputer C64 und ZX Spectrum - konsequent herausarbeitet und die Konsole fast schon gebetsmühlenartig als "Arcade-Automat für Zuhause" vermarktet. Das höchst unterhaltsame, 17 Levels umfassende Jump & Run Alex Kidd in Miracle World ist bei der europäischen Variante des Master System II bereits vorinstalliert. Modul-Varianten sind vergleichsweise selten und daher unter Sammlern heiß begehrt. Quelle: Moby Games Das höchst unterhaltsame, 17 Levels umfassende Jump & Run Alex Kidd in Miracle World ist bei der europäischen Variante des Master System II bereits vorinstalliert. Modul-Varianten sind vergleichsweise selten und daher unter Sammlern heiß begehrt.

Auch die Preise gehen noch in Ordnung. In Deutschland etwa, wo sich zunächst Ariolasoft um die Vermarktung kümmert, werden 298 D-Mark fällig. In Großbritannien, wo Mastertronic das Distributionsruder in die Hand nimmt, schlägt der 8-Bitter mit 99,99 Pfund zu Buche - Hang-On inklusive. Hinzu kommt: Das Spiele-Startaufgebot bestehend aus dem Spy-Hunter-Klon Action Fighter, dem Beat'em Up Black Belt, der Heli-Ballerei Choplifter, den Shoot'em Ups Fantasy Zone und TransBot sowie der F1-Raserei World Grand Prix deckt zahlreiche Geschmäcker ab und wächst schon bald rasant an.

Dass es im Rahmen des Europa-Starts aufgrund hoher Vorbestellermengen zu Lieferschwierigkeiten kommt und Distributoren wie Mastertronic und Master Games dadurch in finanzielle Schieflache geraten, hat die Branche ebenfalls bald vergessen. Retter in der Not ist in diesem Fall der britische Multimillionär Richard Branson. Sein Unternehmen Virgin Group übernimmt im Jahr 1988 die komplette europäische Distribution der Hardware und kurbelt die ohnehin schon warm gelaufene Marketingmaschine nochmals an. Viele europäische Entwickler wiederum sehen dies mit Wohlwollen und sorgen nun ihrerseits für weiteren, qualitativ oft hochwertigen Software-Nachschub. Viele Master-System-Spiele wurden für den brasilianischen Markt nicht nur ins Portugiesische übersetzt, sondern auch inhaltlich angepasst. Das 1991 veröffentlichte Mônica no Castelo do Dragão (zu Deutsch soviel wie „Mônica im Schloss des Drachens“) zum Beispiel ist in Wirklichkeit eine angepasste Version von Wonder Boy in Monster Land. Quelle: Moby Games  Viele Master-System-Spiele wurden für den brasilianischen Markt nicht nur ins Portugiesische übersetzt, sondern auch inhaltlich angepasst. Das 1991 veröffentlichte Mônica no Castelo do Dragão (zu Deutsch soviel wie „Mônica im Schloss des Drachens“) zum Beispiel ist in Wirklichkeit eine angepasste Version von Wonder Boy in Monster Land.

Ja, das Master System ist schon bald so populär, dass einige Studios Anfang der 90er-Jahre PAL-exklusive Konsolen-Umsetzungen auf den Weg bringen, mit denen eigentlich niemand mehr gerechnet hatte, darunter die Arcade-Klassiker Forgotten Worlds und Gauntlet. Aber auch einige Konsolen-Exklusiventwicklungen lassen die Fangemeinde staunen. Als weiterer Verkaufsbeschleuniger entpuppt sich der bereits 1990 erfolgte Release des Master System II, eine kostenoptimierte Version der Konsole, bei der die Japaner unter anderem auf den mittlerweile nicht mehr genutzten Schacht für Sega Cards, die Reset-Taste, die Betriebsleuchte, den ohnehin brachliegenden Erweiterungsschacht sowie die Musik und das Logo beim Hochfahren verzichten.Summa summarum bringt es Sega so im Dezember 1993 allein in Europa auf mehr als 6,25 Millionen verkaufte Master-System-Konsolen - mehr als dreimal soviel wie in den USA. Ergänzt man nun noch die 5,73 Millionen europäischen Einheiten des großen 16-Bit-Bruders Mega Drive, wird schnell klar, warum Sega Anfang der 90er eine dominante Stellung auf dem europäischen Videospielmarkt innehat.

Auch spannend:

Game Boy: Der Launch in ein neues Handheld-Zeitalter

30 Jahre Game Boy: Der Launch in ein neues Handheld-Zeitalter

15
1989 in den USA und Japan, 1990 endlich auch anderenorts erblickte der Game Boy das Licht der Welt und veränderte für immer, wie wir unterwegs Spiele genießen. Wir blicken zurück auf den Launch des Handhelds, mit dem alles begann!

Publikumsliebling in Brasilien

Abgeschlossen ist die Ära Master System damit aber noch längst nicht, im Gegenteil. Angespornt vom wachsenden Erfolg in Europa bringt Sega die Konsole im September 1989 auch in Südamerika, genauer in Brasilien, auf den Markt. Realisiert wird die Produkteinführung vom lokalen Die Master-System-Version von Street Fighter II: Champion Edition erschien nur in Brasilien und gilt als eines der größten Master-System-Module überhaupt. Aus technischen Gründen stehen nur acht Charaktere zur Auswahl, auch einige Moves wurden wegrationalisiert. Spaß macht das Ganze trotzdem noch. Quelle: Moby Games Die Master-System-Version von Street Fighter II: Champion Edition erschien nur in Brasilien und gilt als eines der größten Master-System-Module überhaupt. Aus technischen Gründen stehen nur acht Charaktere zur Auswahl, auch einige Moves wurden wegrationalisiert. Spaß macht das Ganze trotzdem noch. Spielwarenhersteller Tectoy. Ein brillanter Schachzug, denn das in der Millionenstadt São Paulo ansässige Unternehmen ist mit viel Leidenschaft und Engagement bei der Sache. Los geht's mit einer millionenschwereren Marketingkampagne, die das Master System klar als zuverlässiges Markenprodukt platziert und immer wieder Bezug auf die Spielhallen-Begeisterung vieler Brasilianer nimmt. Gleichzeitig stellt Tectoy sicher, dass textlastige Spiele wie beispielsweise Segas Rollenspiel-Hochkaräter Phantasy Star komplett ins Portugiesische (die Landessprache Brasiliens) übersetzt werden.

Doch damit nicht genug. Ausgewählte Titel werden in Absprache mit Sega inhaltlich modifiziert und für das brasilianische Publikum maßgeschneidert. Ein tolles Beispiel hierfür ist der Plattformer Wonder Boy in Monster Land, bei dem Tectoy den ursprünglichen Helden Tom-Tom schlichtweg gegen die pausbäckige, ziemlich starke und in Brasilien allseits bekannte Comic-Heldin Mônica austauscht und einige inhaltliche Elemente an den Comic anpasst. Clever! Der Arcade-Shooter Fantasy Zone aus dem Jahr 1986 gilt als das erste Modul-Spiel für das Sega Master System. Opa-Opa, die Hauptfigur von Fantasy Zone, taucht in zahlreichen anderen Sega-Spielen wie beispielsweise Alex Kidd, Phantasy Star Online oder Zillion auf. Quelle: Moby Games Der Arcade-Shooter Fantasy Zone aus dem Jahr 1986 gilt als das erste Modul-Spiel für das Sega Master System. Opa-Opa, die Hauptfigur von Fantasy Zone, taucht in zahlreichen anderen Sega-Spielen wie beispielsweise Alex Kidd, Phantasy Star Online oder Zillion auf.

Um die schon damals horrenden Einfuhrsteuern zu umgehen, einigen sich Sega und Tectoy zudem darauf, dass sowohl das Master System als auch später das Mega Drive (ab Dezember 1990) und das Handheld Game Gear (ab August 1991) direkt in der brasilianischen Amazonas-Stadt Manaus hergestellt werden. Und was macht Nintendo? Die Japaner wagen sich erst 1993 auf den brasilianischen Markt. Zu diesem Zeitpunkt ist dieser jedoch bereits in fester Hand von Tectoy und Sega und überschwemmt von teils deutlich günstigeren NES-Klonkonsolen.

Beflügelt wird die Tectoy/Sega-Dominanz zudem von diversen Brasilien-exklusiven Spielen, die im Westen niemand mehr für möglich gehalten hätte. Street Fighter II: Championship Edition zum Beispiel - eigentlich eine 16-Bit-Entwicklung - wird von Capcom in einer erstaunlich soliden Master-System-Fassung eigens für Brasilien programmiert. Gleiches gilt für Treasures Mega-Drive-Plattform-Klassiker Dynamite Headdy und Teil drei eines hierzulande indizierten Beat'em Ups aus dem Hause Midway. Dank des Engagements des Spielwaren- und Elektronikherstellers Tectoy ist das Master System in Brasilien noch heute erhältlich. Das Master System Evolution mit coolem Sonic-Aufdruck etwa enthält 132 vorinstallierte Spiele und kostet aktuell 209 Real, umgerechnet ca. 47 Euro. Quelle: Sega Dank des Engagements des Spielwaren- und Elektronikherstellers Tectoy ist das Master System in Brasilien noch heute erhältlich. Das Master System Evolution mit coolem Sonic-Aufdruck etwa enthält 132 vorinstallierte Spiele und kostet aktuell 209 Real, umgerechnet ca. 47 Euro.

All diese und andere Aktivitäten führen schließlich dazu, dass Brasilien heute - fast 20 Jahre nach dem regionalen Start der Konsole - mehr als acht Millionen verkaufte Master Systeme vorweisen kann. Besser noch: Brasilianische Kunden können angepasste Versionen der Hardware weiterhin zu moderaten Preisen kaufen. Das Master System Evolution mit zwei Controllern etwa spielt zwar keine Retro-Module mehr ab, bietet dafür aber insgesamt 132 vorinstallierte Spiele, darunter Klassiker wie Sonic The Hedgehog, Shinobi, Golden Axe, Altered Beast sowie vier Teile der Alex-Kidd-Reihe.

Die 10 besten Spiele für das Sega Master System

Die Liste an guten Master-System-Titeln ist lang. Welche Spiele sich unserer Meinung nach besonders lohnen, verrät unsere ganz subjektive Top-10-Liste - inklusive Fun-Facts zu jedem einzelnen Spiel!
<strong>10. Psycho Fox</strong><br>
Release: 1989<br>
Entwickler/Publisher: Vic Tokai / Sega Quelle: Sega 10. Psycho Fox
Release: 1989
Entwickler/Publisher: Vic Tokai / Sega
Genau wie bei Monster Boy blüht auch das Gameplay des Jump & Runs Psycho Fox durch die Transformierungen des Helden erst so richtig auf. Als Affe etwa springt der Held höher, als Hippo zerbröselt er mühelos Spezialblöcke und als Tiger kann er deutlich schneller rennen. Fun-Fact: In der brasilianischen Version ist die Hauptfigur kein Fuchs, sondern ein Frosch, der wiederum auf einem beliebten Spielzeug der 80er-Jahre basiert. Affe, Nilpferd und Tiger wurden durch eine Maus, ein Schwein und eine Schildkröte ersetzt. <strong>9. Dr. Robotnik’s Mean Bean Machine</strong><br>
Release: 1994<br>
Entwickler/Publisher: Compile / Sega Quelle: Sega 9. Dr. Robotnik’s Mean Bean Machine
Release: 1994
Entwickler/Publisher: Compile / Sega
Forderndes, knallbuntes Puzzlespiel auf Basis von Puyo Puyo, jedoch mit angepasster Story, bei der Sonics Erzfeind Dr. Robotnik mal wieder den Bösewicht mimt. Auch der Zweispieler-Modus macht richtig Laune. Fun-Fact: Mit Kirby's Avalanche passte Entwickler Compile Puyo Puyo auch für das Super Nntendo an.

<strong>8. California Games</strong><br>
Release: 1989<br>
Entwickler/Publisher: Epyx / Sega Quelle: Sega 8. California Games
Release: 1989
Entwickler/Publisher: Epyx / Sega

Grandioser Konsolen-Port der beliebten Sportspielsammlung, bei der ihr unter anderem BMX und Rollerblades fahrt, surft, skatet, Frisbee spielt und Hacky Sacks jongliert. Fun-Fact: Wenn man beim Frisbee-Spiel den Controller eine Weile nicht anrührt, sieht man auf dem Radar, wie Außerirdische den Wurfpartner entführen. <strong>7. Golden Axe Warrior</strong><br>
Release: 1991<br>
Entwickler/Publisher: Sega / Sega Quelle: Sega 7. Golden Axe Warrior
Release: 1991
Entwickler/Publisher: Sega / Sega

Eindeutig Zelda-inspiriertes Action-Rollenspiel, das das Vorbild jedoch in einigen Punkten übertrumpft. Die Oberwelt zum Beispiel bietet nicht nur mehr Terrainvariationen und mehr Sehenswürdigkeiten, sondern ist auch knapp doppelt so groß wie die von The Legend of Zelda für das NES. Fun-Fact: Kann in der Sonic's Ultimate Genesis Collection (PS3, Xbox 360) als Bonusspiel freigeschaltet werden. <strong>6. Lemmings</strong><br>
Release: 1992<br>
Entwickler/Publisher: DMA Design / Sega Quelle: Sega 6. Lemmings
Release: 1992
Entwickler/Publisher: DMA Design / Sega

Menschenähnliche Lemminge mit grünen Haaren laufen ihrem Unheil entgegen. Ihr müsst sie sicher zum Level-Ausgang lotsen, indem ihr eine vorgegebene Anzahl an Aktionen clever einsetzt. Die Master-System-Version zählt zu den besten 8-Bit-Fassungen und bietet sogar einige exklusive Levels mit Sega-Branding. Fun-Fact: Um die Hardware nicht zu sehr zu belasten, stellt das Master System maximal 20 Lemminge gleichzeitig dar. <strong>5. R-Type</strong><br>
Release: 1988<br>
Entwickler/Publisher: Irem / Sega Quelle: Sega 5. R-Type
Release: 1988
Entwickler/Publisher: Irem / Sega
Blendet man das regelmäßige Bildflackern mal aus, handelt es sich hierbei um eine durchweg gelungene Umsetzung des Spielhallenklassikers. Damals einzigartig im Horizontal-Shooter-Genre und dann vielfach kopiert, wurde die Idee des Force-Moduls. Hierbei handelt es sich um eine aufrüstbare Drohne, die sich auf Knopfdruck sowohl vorne als auch hinten am Schiff an- und abkoppeln lässt. Fun-Fact: In R-Type Final für die PS2 integrierte Entwickler Irem 101 spielbare Varianten des Raumschiffs. <strong>4. Castle of Illusion starring Mickey Mouse</strong><br>
Release: 1990<br>
Entwickler/Publisher: Sega (AM7) / Sega Quelle: Sega 4. Castle of Illusion starring Mickey Mouse
Release: 1990
Entwickler/Publisher: Sega (AM7) / Sega
Abwechslungsreiches, liebevoll animiertes Jump & Run mit sechs Welten, das im Gegensatz zur Mega-Drive-Fassung mit ganz eigenem Leveldesign aufwartet. Zudem setzt es einen stärkeren Fokus auf kleinere Puzzle-Passagen. Fun-Fact: Im September 2013 erschien ein von Sega Studios Australia entwickeltes Remake der Mega-Drive-Fassung für PS3, Xbox 360 und PC. Später folgten Umsetzungen für Mac, iOS und Android.

<strong>3. Sonic the Hedgehog</strong><br>
Release: 1991<br>
Entwickler/Publisher: Ancient / Sega Quelle: Sega 3. Sonic the Hedgehog
Release: 1991
Entwickler/Publisher: Ancient / Sega
Obwohl dieses Sonic-Abenteuer den gleichen Namen wie die Mega-Drive-Fassung trägt und auch dem gleichen Storyfaden folgt, wurden alle Levels eigens für das Master System angepasst. Akustisch und grafisch eines der besten Master-System-Spiele. Fun-Fact: Die direkt ins Master System II integrierte Version enthält keine Credits. So konnte Sega Speicherplatz sparen und musste kein größeres, kostspieligeres ROM-Modul in der Konsole verbauen.

<strong>2. Phantasy Star</strong><br>
Release: 1987<br>
Entwickler/Publisher: Sega Sonic Team / Sega Quelle: Sega 2. Phantasy Star
Release: 1987
Entwickler/Publisher: Sega Sonic Team / Sega
Noch heute eines der besten 8-Bit-Rollenspiele mit großartiger Oberwelt, eindrucksvollen Dungeons aus First-Person-Perspektive, vielfältigen Monstern und einer Story, die von Anfang bis Ende fesselt. Fun-Fact: Die Mega-Drive-Fassung schaltet lediglich in einen abwärtskompatiblen Modus und spielt das Master-System-ROM ab.

<strong>1. Wonder Boy III: The Dragon’s Trap</strong><br>
Release: 1989<br>
Entwickler/Publisher: (1) Quelle: Sega 1. Wonder Boy III: The Dragon’s Trap
Release: 1989
Entwickler/Publisher: (1)

Fragt man Fans und Master-System-Kritiker nach ihren absoluten Lieblingsspielen, dann fällt in schöner Regelmäßigkeit der Name Wonder Boy III. Interessant wird das Gameplay des Plattformers vor allem durch die Fähigkeit des Helden, verschiedene Gestalten anzunehmen. Als Piranha-Man kann er zum Beispiel lange unter Wasser tauchen, als Hawk-Man fliegen usw. Fun-Fact: Die texanische Speedrunnerin Tinahacks schafft es, das Switch-Remake auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad in 31 Minuten und 15 Sekunden durchzuspielen.

Bildergalerie

00:37
Sega Genesis Classics: Trailer stellt die Switch-Inhalte der Sammlung vor

Außerdem beliebt bei PC-Games-Lesern

:Videospiele in... China – So spielt das Reich der Mitte

Videospiele in... China - So spielt das Reich der Mitte

4
China ist der weltweit größte Markt für Computer- und Videospiele. Doch was und wie wird im Reich der Mitte überhaupt gespielt?
Star Trek - Fyne

Spiele-Fortsetzungen von Fans: Besser als ihr Ruf?

3
Wir stellen fünf von Fans programmierte und produzierte Fortsetzungen zu bekannten Videospielen vor, die locker mit dem Original mithalten können.
Die besten Spiele-Trailer aller Zeiten: Gänsehaut-Garantie im großen Special!&nbsp;

Die besten Games-Trailer aller Zeiten: Gänsehaut-Garantie!

14
Große Gefühle, packende Kämpfe, mitreißende Inszenierung: In unserem großen Special zeigen wir eine Auswahl der besten Spiele-Trailer aller Zeiten!
Fahrenheit bereicherte das Genre des interaktiven Films und ebnete den Weg für spätere ähnliche Titel von Quantic Dream, wie etwa Heavy Rain.

Lokalisierte Spiele: Gute Synchros, schlechte Synchros

56
Gerade in Deutschland möchten Käufer lokalisierte Spiele und zwar nicht nur in Text, sondern auch in Ton. Das gelingt oft mehr schlecht als recht.
    • Kommentare (5)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Kinorenegade Gelegenheitsspieler/in
        Ich hatte auch ein Sega Master System... mit Pistole und 3D Brille. Ich fand es klasse. Und Wonder Boy und Alex Kid waren super.
      • Von Kinorenegade Gelegenheitsspieler/in
        Ich hatte auch ein Sega Master System... mit Pistole und 3D Brille. Ich fand es klasse. Und Wonder Boy und Alex Kid waren super.
      • Von Schalkmund Nerd
        Das Teil war ja hierzulande jetzt nicht wirklich so der Renner, kannte gerade mal einen Jungen der das Ding hatte im Gegensatz zu etlichen anderen Kindern die auf dem NES gezockt haben, wie ich auch. :D
      • Von FalloutEffect Hobby-Spieler/in
        Ich hatte nie eine Sega Master System, aber einen Game Gear. Vor ein paar Tagen habe ich den mal nach 20 Jahren rausgekramt. Leider waren die Kondensatoren alle schon ziemlich veraltet und teils ausgelaufen, habe diese dann ausgetauscht und seitdem läuft das Teil wieder. Leider mit defekter Soundplatine, die ich auch noch plane zu ersetzen. Ich habe richtig Lust, Castle of Illusion und die beiden Sonic-Teile wieder zu spielen.

        Eine Sega Mega Drive Mini (Mega Drive hatte ich nie) habe ich mir schon vorbestellt. Kommt aber erst im September. Hoffentlich dann auch mit Sonic 3, das leider noch nicht bestätigt wurde.
      • Von Spiritogre
        Oh, ich habe auch ein Master System 2, war meine erste Sega Konsole, allerdings sehr spät günstig im Abverkauf, sodass ich auch nur das mitgelieferte Sonic 1 als Spiel habe. Danach habe ich mir allerdings ein Game Gear gegönnt und da dann etliche Master System Spiele nachgeholt.
      • Von tommy1977 Hobby-Spieler/in
        Der Megadrive liegt noch irgendwo in einer Kiste und sollte noch funktionieren. Sonic und Road Rush waren unsere damaligen Hihlights. 1993 gabs dann den ersten PC (486er DX2-50) und selbst der Megadrive sah dagegen alt aus. Konsolen habe ich dann bis zur XBone (1) ignoriert und mir diese auch nur gekauft, weil mein damaliger Plasma nicht mehr konnte, außer ein gutes Bild darzustellen. Hin und wieder nutze ich diese zwar noch, aber Main-System bleibt der PC...wird sich sicherlich auch so schnell nicht ändern.
      Direkt zum Diskussionsende
  • Print / Abo
    Apps
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 PC Games MMore 06/2024 play5 06/2024 Games Aktuell 01/2024 N-Zone 06/2024
    PC Games 06/2024 PCGH Magazin 06/2024 play5 06/2024 PC Games MMORE Computec Kiosk