War of the Monsters im Retro-Special: Der beste Kaiju-Film, der niemals gedreht wurde

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Special Christian Fussy - Redakteur
War of the Monsters im Retro-Special: Der beste Kaiju-Film, der niemals gedreht wurde
Quelle: PC Games

Godzilla vs King Kong? Wie wäre es mit Godzilla vs King Kong vs Aliens vs Riesenroboter vs gigantische Insekten? In War of the Monsters wählen wir eines von zehn haushohen Monstern und hauen den anderen neun in Arenen rund um den Globus - und darüber hinaus - auf die Schnauze. Im Retrospecial blicken wir zurück auf die häufig übersehene Brawler-Perle aus der PS2-Ära, die dieses Jahr bereits ihr 20-jähriges Jubiläum feierte.

Schon ungefähr seitdem ein zweiter Mensch auf der Welt die Idee hatte, einen Film über ein gigantisches, Städte zerstörendes Monster zu drehen, diskutieren Filmfans darüber, welche riesige Kreatur sich wohl in einem Kampf gegen alle anderen durchsetzen würde. Zerstörten die ersten Kaijus in ihren Filmen größtenteils einfach nur Städte, traten sie darum in nachfolgenden Werken auch immer häufiger gegeneinander an. Die Menschheit liefert in diesen Filmen lediglich noch die Kulisse, über ihr Schicksal entscheiden nicht irgendwelche Militärs oder Wissenschaftler, sondern, ob am Ende der Roboter, die Motte oder der dreiköpfige Drache siegreich aus der Schlacht der Giganten hervorgeht. Genau diese Art von Film hat sich das Entwicklerteam von War of the Monsters aus dem Jahr 2003 zum Vorbild genommen und mit reichlich Charme als Brawler für die Playstation 2 umgesetzt.

Die Story ist recht einfach erklärt: Die Menschheit befindet sich mitten in einer Alien-Invasion, woraufhin Wissenschaftler mächtige Superwaffen entwickeln. Schon bald fallen die fliegenden Untertassen reihenweise aus der Luft und es sieht kurzzeitig so aus, als könne den außerirdischen Eroberern Einhalt geboten werden. Dann stellt sich allerdings heraus, dass die UFOs mit einer leuchtend grünen Substanz beladen waren, die auf der Erde gigantische Kreaturen entstehen lässt. Diese kämpfen nun gegeneinander und gegen die außerirdische Bedrohung, um die Vorherrschaft über den Planeten zu erringen. Das irdische Militär ist ebenfalls am Konflikt beteiligt, wie der Rest der menschlichen Zivilisation aber meist nur als Wurfgeschoss.

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War of the Monsters | RETRO | Der beste Kaiju-Film, der niemals gedreht wurde

Wir wählen also eines der zehn verschiedenen Monster aus, von denen acht zum Start verfügbar sind, und treten in verschiedenen Arenen gegen andere Spieler oder die KI an. Für Einzelspieler stehen drei Spielmodi zur Verfügung: Abenteuer, Gerangel und Ausdauer. Bei Abenteuer handelt es sich um einen Arcade-Modus, in dem wir die Monster nacheinander in ihrem Habitat besiegen müssen. Gerangel bezeichnet ein simples Gefecht mit bis zu drei KI-Gegnern und im Ausdauermodus gilt es, im selben Gebiet so viele Gegner wie möglich direkt hintereinander zu besiegen, bevor unsere Lebensleiste leer ist.

Im Abenteuer- und Ausdauermodus verdienen wir mit jedem besiegten Monster Punkte, die wir dann in die Freischaltung von Maps, Monstern und Skins investieren können. Als Belohnung für den Abschluss eines Abenteuers erhalten wir zudem eine Videosequenz, die die Entstehung des von uns gewählten Monsters zeigt.

Die Gefechte und Bossgegner sind dabei immer gleich, egal mit welcher Kreatur wir spielen. Viel Wiederspielwert oder Umfang bietet die Kampagne also nicht. Nach dem ersten Durchspielen wiederholen wir sie lediglich noch, um weitere Spielinhalte freischalten zu können.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games

Zwischen Twisted Metal und God of War

Das vor allem nach heutigen Gesichtspunkten etwas magere Gesamtpaket ist vielleicht die größte verpasste Chance von War of the Monsters. Dafür brilliert das Spiel jedoch in anderen Bereichen. Zum Beispiel beim Gameplay:

War of the Monsters wurde entwickelt bei Incog Inc. Entertainment, (später Incognito Entertainment) dem Studio hinter Twisted Metal: Black, und Sony Santa Monica, der späteren Geburtsstätte der God-of-War-Reihe. Und tatsächlich wirkt der Brawler stellenweise wie ein Hybrid beider Spielideen. Auch in Twisted Metal bewegen wir uns in der Third-Person-Perspektive durch Arenen und versuchen, unsere Mitspieler auszuschalten, Kamera und Bildschirmanzeigen ähneln sich stark. Die Position der Gegner wird mit einem kleinen Cursor über ihren Köpfen angezeigt, der die Farbe wechselt, je nachdem wie viel Lebensenergie diese noch haben. Ebenfalls ein Kniff, der für War of the Monsters übernommen wurde.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games Die Ähnlichkeiten zu God of War liegen dann hingegen im Kampfsystem. In beiden Titeln führen wir mit der Viereck-Taste leichte und mit der Dreieck-Taste schwere Schläge aus, Springen ist auf X, Greifen und Klettern auf Kreis, eine Schultertaste dient zum Blocken. Ganz so geschmeidig und ausgereift wie in Kratos' erstem Abenteuer können unsere Attacken und Bewegungen zwar nicht miteinander kombiniert werden und auch die Möglichkeit zum schnellen Ausweichen fehlt in War of the Monsters, die Grundsteuerung ist jedoch die gleiche. Interessanterweise endet auch God of War mit einem Duell zwischen zwei gigantischen Kolossen, die sich in einer Stadt auf die Schnauze geben, diese Parallele könnte aber auch reiner Zufall sein.

Kampf der Giganten

Kamera und Kampfsystem harmonieren in War of the Monsters auf jeden Fall hervorragend. Der Titel setzt auf einen Hybrid aus Nah- und Fernkampf, bei dem unsere leichte Attacke automatisch zu einem Geschoss umschaltet, je nachdem, wie weit jemand von uns entfernt steht. Spielen wir im Zwei-Spieler-Modus, schaltet zudem der Split-Screen in einen geteilten Bildschirm um, sobald beide Monster nah genug beieinander sind. So sehen die Handgemenge deutlich eindrucksvoller aus. Wissen wir einmal nicht, wo sich unsere Gegner gerade befinden, können wir jederzeit mit dem Drücken von L1 und R1 den nächstmöglichen Kontrahenten anvisieren. Damit werden auch unsere Bewegungen nach seiner Position ausgerichtet. Lassen wir die Taste los, können wir uns wieder komplett frei in der Spielwelt bewegen.

Neben normalen Angriffen gibt es auch noch die Möglichkeit, Sachen aufzuheben und unsere Widersacher damit zu verprügeln. Die benutzbaren Gegenstände reichen von Bauschutt über große Stahlträger bis hin zu einem gigantischen Schwert. Werfen wir eine spitze Waffe wie beispielsweise einen Funkturm, können wir damit auch Gegner aufspießen, was sie für kurze Zeit bewegungs- und handlungsunfähig macht. Wenn sich unser Feind erst einmal einen Metallspieß aus der Brust ziehen muss, bevor er sich gegen unsere Schläge wehren kann, ist das nicht nur äußerst effektiv, sondern sieht obendrein absolut brutal aus.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games

Außerdem verfügt jedes Monster über zwei verschiedene Spezialangriffe, einen für die Nähe und einen für die Entfernung. Während die Attacke im Nahkampf meist aus einer Explosion besteht, die Flächenschaden verursacht, weisen die Fernkampffähigkeiten größere Unterschiede auf. So kann Godzilla-Verschnitt Togera Gegnern mit seinem atomaren Atem einheizen, Elektromonster Kineticlops schießt einen Blitzsturm aus seinen Händen und Steinstatue Agamo benutzt seinen eigenen Kopf als Wurfgeschoss.

Die Schrecken des Atomzeitalters

Womit wir bei einem weiteren Punkt wären, der War of the Monsters so besonders macht: dem Monsterensemble.

Auch, wenn es insgesamt nur zehn verschiedene Monster zur Auswahl gibt, sind diese so abwechslungsreich designt, dass jeder einen Liebling finden sollte. Direkte Stats, was jedes Monster besonders gut kann, sind nicht einsehbar, es gibt aber schon deutliche Unterschiede in Sachen Schlagkraft, Verteidigung und Geschwindigkeit. Manche Kreaturen können zudem höher springen oder sogar fliegen. Bereiche, die nur für manche Monster erreichbar sind, gibt es aber nicht.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games Das Design der Figuren ist angelehnt an Monsterfilme der 50er- und 60er-Jahre. Congar und Togera repräsentieren King Kong und Godzilla, doch auch andere Kultstreifen werden zitiert. So gibt es die riesige Gottesanbeterin Preytor als Anspielung auf Titel wie Formicula (Originaltitel: Them!) oder Das todbringende Ungeheuer (The Deadly Mantis), in denen gigantische Insekten aus der Urzeit oder einem geheimen Regierungslabor Angst und Schrecken verbreiten. Oder Kampfroboter Ultra-V, dessen Design an japanische Superroboter wie Mazinger-Z, Grendizer oder Raideen angelehnt ist. Und selbst die Designs, die keine offensichtliche Vorlage haben, wie das große Auge Keneticlops oder der aus einem Vulkan geborene, vierarmige Magmo, wären in einem Schwarz-Weiß-Film aus der Ära nicht fehl am Platz. Das zeigt sich besonders in den atemberaubend schönen Artworks, die die Ladebildschirme der Kampagne zieren. Dort wird jedes Monster mit einem eigenen gezeichneten Filmposter vorgestellt. Auch der Soundtrack schlägt in dieselbe Kerbe. Statt auf zeitgemäße elektronische Musik zu setzten, machte Sony ein paar Kröten locker für ein volles Orchester und verhalf dem Spiel so zu seinem nostalgischen Monsterfilmsoundtrack.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games

Symphonie der Zerstörung

Laut Lead Game Designer Eric Simonich wurde die 50er-Ästhetik intern lange Zeit als Risikofaktor gehandelt, kam dem Spiel am Ende aber zugute. Vor allem das amerikanische Publikum hätte so kurz nach dem 11. September 2001 vielleicht nicht so wohlwollend auf die etlichen zerstörten Wolkenkratzer reagiert, würden in dem Titel moderne Stadtgebiete und Szenarien gezeigt werden.

Die Zerstörung der Umgebung spielt nämlich eine große Rolle im Gameplay. Gebäude kaputt zu hauen, sorgt nicht nur dafür, dass die schreienden Fußgänger mehr Sonne abbekommen, sondern liefert uns Schutt zum Werfen und Möglichkeiten, Gegner zu zerquetschen. Während einige Hochhäuser einfach in sich zusammenfallen, kippen andere in eine bestimmte Richtung und begraben so feindliche Monster unter sich. Außerdem sind in vielen Strukturen Heilung und Energie versteckt. Was die Symphonie der Zerstörung besonders befriedigend macht, ist die Widerstandsfähigkeit der Gebäude. Jedes Haus im Spiel kann kaputt gemacht werden, manche Bauten müssen dafür aber eine ganze Weile bearbeitet werden. Außerdem stürzt bei größeren Gebäuden meist erst die Spitze ein, bevor nach und nach nur noch das Grundgerüst vorhanden ist. Das sorgt dafür, dass wir uns als Riesenmonster komplett übermächtig fühlen, wenn wir durch die Straßen stapfen, aber das Zerschmettern starker Bauwerke immer noch ein Glücksgefühl auslöst.

In einigen Levels finden sich zudem Geheimnisse, die wir durch Attacken auslösen können. Im an San Franciso angelehnten Level Baytown triggern wir beispielsweise ein Erdbeben, wenn eine bestimmte Anzahl an Gebäuden zerstört wurde. In der japanischen Großstadt Tsunopolis können wir hingegen durch das Treffen eines UFOs eine gigantische Flutwelle auslösen. Diese Events führen manchmal zu einer Veränderung der Spielwelt und fast immer zu ordentlich Schaden für unvorsichtige Monster.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games Wie eingangs bereits gesagt, bietet War of the Monsters leider selbst für einen Brawler der 2000er nicht den allergrößten Umfang. Neben den normalen Spielmodi können wir gegen Punkte noch ein paar Zwei-Spieler-Minispiele freischalten, wie einen Wettbewerb, bei dem wir in kurzer Zeit möglichst viele Gebäude zerstören müssen oder ein Art Monster-Dodgeball. Diese bieten jedoch keine individuellen Einstellungsmöglichkeiten und verlieren schon nach kurzer Zeit ihre Faszination. Das Grundgameplay, egal ob im Singleplayer gegen die KI oder zu zweit, ist aber glücklicherweise immer und immer wieder unterhaltsam, auch mit 20 Jahren auf dem Buckel.

Vielleicht gerade, weil das Prinzip immer noch so gut funktioniert, kommt man beim Spielen leicht ins Träumen und stellt sich vor, wie ein vollwertiges Remake oder Sequel wohl aussehen könnte. Mehr Maps, mehr Monster, ein Vier-Spieler-Modus und eine zeitgemäßere Steuerung würden eigentlich schon ausreichen. Würde Sony, oder wem auch immer die Rechte gehören, zusätzlich noch spannendere individuelle Kampagnen, ausgefeiltere Minispiele, einen Koop-Modus und Online-Multiplayer oben draufschlagen, wäre das imaginäre War of the Monsters schon nicht mehr weit vom perfekten Videospiel entfernt - solange es sich seinen altmodischen Charme behält, versteht sich.

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Incognito Entertainment schloss leider schon 2009 endgültig seine Pforten und die Verantwortlichen brachen auf zu anderen Ufern. Der Produzent des Spiels Dylan Jobe ist noch in der Spieleindustrie und arbeitete unter anderem an Call of Duty: Modern Warfare Remastered und dem Doom-Reboot von 2016. Ebenso Creative Director Mike Giam. Er ist bei Schell Games angestellt, einem Unternehmen, das sich vor allem auf Ports und VR-Games spezialisiert. Sein Kollege Kellan Hatch hingegen ist mittlerweile ins Fach der Archäologie gewechselt und arbeitet als Forscher.

War of the Monsters (2003) Quelle: PC Games Lead Designer Simonich arbeitete die letzten Jahre bei Publisher 2K Games, unter anderem an XCOM 2 und den Spielereihen NBA2K und WWE2K. Und Lead Animator Jonathan Lars DeVore wechselte zu Iron Galaxy Studios, wo er an der Entwicklung von Killer Instinct und Extinction beteiligt war.

In einem sehr lesenswerten Interview mit Forbes vor fünf Jahren äußerten Simonich und DeVore, sofort für ein Sequel an Bord zu sein, sollte sich die Gelegenheit bieten, Sony dazu zu bewegen. Bisher gibt es allerdings noch keine offiziellen Pläne des Unternehmens, die Marke wiederzubeleben. Zumindest können wir aber das Original noch immer in seiner vollen Pracht genießen und das, ohne die alte PS2 bemühen zu müssen. Der Titel ist für Playstation 4 und 5 im Playstation Store erhältlich.

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