Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein?

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Test Christian Fussy - Redakteur
Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein?
Quelle: Warner Bros

In "Matrix 4" schlüpfen Keanu Reeves und Carrie-Anne Moss wieder in ihre Rollen als Neo und Trinity. Doch sie tun es sowohl innerhalb, als auch außerhalb des Films in einer veränderten Welt. Handelt es sich bei "Resurrections" um einen würdigen Nachfolger, eine schräge Coverversion oder ein zynisches, vom Studio verlangtes Greatest Hits Album? Wir verraten es euch in der Filmkritik.

Im Jahr 2003 endete die "Matrix"-Trilogie. Der Doppelschlag aus "Matrix Reloaded" und "Matrix Revolutions" brachte den Kampf zwischen Menschen und Maschinen zu einem endgültigen Abschluss. Unsere Jesus-Figur Neo (Keanu Reeves) und seine Geliebte Trinity (Carrie-Anne Moss) veränderten die Natur der Matrix für immer und der Widerstand um Morpheus (Laurence Fishburne) und Niobe (Jada Pinkett Smith) beobachtete den vormals für unmöglich gehaltenen Abzug der Maschinen-Armee über Zion, der letzten Festung der Menschheit. Für die Matrix, ein als die Realität getarntes Gefängnis des Verstands, sollte ebenfalls ein neuer Tag anbrechen. Im buchstäblich ersten Sonnenaufgang dieser neuen Ära verspricht Oracle (Mary Alice) der jungen Sati (Tanveer K. Atwai), dass sie daran glaubt, Neo irgendwann wiederzusehen.

Ein Versprechen, das wir wahrscheinlich niemals hätten zu sehen bekommen sollen, wäre es nach Lana und Lilly Wachowski, den Erschafferinnen der Reihe gegangen. Aber Studio Warner Bros. ließ nicht locker und so ließ sich jetzt zumindest ein Teil des Geschwisterpaares dafür gewinnen, bei "Matrix 4" die Regie zu übernehmen.

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Nun schickt uns Lana Wachowski also erneut in den Kaninchenbau und setzt, wie es sich für einen Sequel-Reboot aus dem Jahr 2021 gehört, alles wieder auf Anfang. Obwohl eigentlich am Ende von Teil drei endgültig futsch, ist Thomas Anderson (Keanu Reeves) alias Neo in "Matrix Resurrections" einfach wieder da - und erneut in der Matrix gefangen. Oder doch nicht?

Darum geht's in "Matrix: Resurrections"

Die Ereignisse der Trilogie, so bestätigt uns sein Therapeut (Neil Patrick Harris), waren der Plot einer erfolgreichen Videospielreihe, für die Anderson Ende der 90er als Lead Designer verantwortlich zeichnete und zahlreiche Preise eingeheimst hat. Irgendwann konnte er seine Fantasie und die (scheinbar?) reale Welt aber nicht mehr auseinanderhalten, was in einen Versuch mündete, sich von einem Hochhaus zu stürzen. Er muss sich damit auseinandersetzen, dass seine Identität als Hacker und späterer Superman-Jesus Neo wohl nur eingebildet war. Eigentlich macht er damit ganz gute Fortschritte. Zumindest bis sein Geschäftspartner und Chef Mr. Smith (Jonathan Groff) an ihn herantritt und die Entwicklung eines vierten "Matrix"-Spieles in Auftrag gibt. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (13) Quelle: Warner Bros. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (13)

Anderson hatte sich gerade damit abgefunden, dass er und sein Schwarm Tiffany (Carrie-Anne Moss), eine Frau, die er eigentlich nicht kennt, aber die häufiger im selben Coffeeshop herumhängt, nicht in Wahrheit als buchstäbliches Powercouple Neo und Trinity die Grundfesten der bekannten Welt zum Einsturz brachten. Sie ist mit dem hübschen Chad (Reeves' "Matrix"-Stuntman Chad Stahelski) verheiratet und er ist lediglich ein einsamer Mann, der seine Fantasien in ein Computerspiel hat einfließen lassen. Aber dann stehen plötzlich Morpheus (Yahya Abdul-Mateen II) und seine Freunde (u.a. Jessica Henwick) vor ihm und drängen ihn zu einem Abenteuer...

Die Monotonie der Wiederholung

Verspätete Sequels dieser Sorte gehen meist in eine von zwei Richtungen: Die Reboot-Route, bei der es zwar Gastauftritte alter Stars und Verweise auf die Original-Filme gibt, aber die Fortsetzung definitiv als Einstiegspunkt für ein neues Publikum dienen soll, siehe z.B. "Jurassic World". Oder die Nostalgie/Fanservice-Route, bei der der gesamte Film ehrfürchtig um exakt diese Auftritte und Verweise konstruiert zu sein scheint. Elemente davon finden sich z.B. in den Fortsetzungen zu "Terminator", "Halloween" und "Star Wars".

"Matrix: Resurrections (jetzt kaufen 11,91 € )" geht nur scheinbar in die zweite Richtung. Lana Wachowski schert sich offensichtlich nicht im Geringsten um etwaige Neueinsteiger*innen, sondern serviert einen Film, dem man ohne den Kontext der ersten drei Teile kaum folgen kann. Vor allem in der ersten Hälfte scheint sich die Regisseurin dessen aber durchaus bewusst zu sein und macht sich einen Spaß daraus, genau diese Elemente durch Humor zu überhöhen. Wenn Keanu Reeves' Thomas Anderson in einem Brainstorming-Meeting sitzt, in dem ihm korporative Drohnen in den Arsch kriechen und ihre Ideen für "Matrix 4" pitchen, die aus nichts als Oberflächlichkeiten bestehen, steckt darin eine nicht von der Hand zu weisende gallige Wahrheit über den Sequel-Wahn in Hollywood. Das eigene Publikum vor den Kopf zu stoßen und sich nebenbei augenzwinkernd über Rechteinhaber Warner Bros. lustig zu machen, scheint recht weit oben auf Wachowskis Agenda zu stehen. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (11) Quelle: Warner Bros. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (11)

Immerhin ist die "Traumfabrik" Hollywood schon immer selbst eine tyrannische Maschine gewesen, die sich aus der Kreativität der Menschen nährt und diese ebenso aussaugt wie ihr Äquivalent im Film.

Ob die Szenen, in denen die Regisseurin einfach den Original-Film auf die Leinwand schmeißt oder sie sich offensichtlich über das kreative Brachland mit seinen Marken und Franchises lustig macht, pointierte Satire sind, oder sie dem Suhlen in altem Scheiß in ihrer Selbstgefälligkeit in nichts nachstehen, muss das Publikum für sich selbst entscheiden. Unterhaltsam waren sie für mich zumindest allemal.

Wie viel "Matrix" steckt noch in "Matrix: Resurrections"?

Die Erklärungen, wie es zu den Ereignissen von "Resurrections" kommen konnte, nachdem am Ende von "Revolutions" doch alles geklärt schien, werden zwar im Film geliefert, wirklich interessiert an der eigenen Mythologie oder den vielen Ideen und Motiven, die angeschnitten werden, scheint "Matrix: Resurrections" aber dann auch nicht zu sein.

Auch die Action steht nicht mehr so stark im Fokus, was sich aber durchaus als Segen erweist. Setzten die Kampfszenen in den 90ern mit ihrer Mischung aus John-Woo-Kugelballett, Martial-Arts und den besten Spezialeffekten, die man ihrer Zeit in Hollywood kaufen konnte, noch Maßstäbe, werden in "Resurrections" die gleichen Bewegungen mit komplett beiläufiger Routine abgespielt. Szenen, in denen die Kämpfer des Widerstands mit den Agenten aneinandergeraten und Figuren mit Pistolen aufeinander schießen, sehen dann sogar so flach und langweilig aus, dass man sich ernsthaft fragt, ob es sich bei ihnen um einen Scherz handelt. Lediglich eine coole Sequenz am Ende, bei der eine Auto-Verfolgungsjagd durch unerwartete Hindernisse erschwert wird, zeugt davon, dass Wachowski es noch nicht verlernt hat, interessante Action-Set-Pieces zu komponieren. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (19) Quelle: Warner Bros. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (19)

Und obwohl das alles erst einmal katastrophal klingt, ist es doch irgendwie der faszinierendste Aspekt des Films. Gerade, wenn diese ganze Meta-Ebene funktioniert und das Skript wie ein Hase einen Haken nach dem anderen schlägt, fesselt "Matrix: Resurrections" mehr als die meisten verspäteten Franchise-Wiedergeburten der letzten Jahre. Die Spannung darauf, wohin einen die Geschichte noch tragen wird, in welchem Genre wir uns als Nächstes befinden werden und ob es Wachowski schafft, alles zu einem sinnvollen Abschluss zu bringen, hielt mich zumindest so in ihrem Bann, dass ich bereit war, jegliche Schwächen erst einmal zu vergeben und abzuwarten, wo die Reise hingeht.

Noch einmal mit Gefühl

Leider lässt die zweite Hälfte des Films dann viel von dieser Energie auf der Strecke. Außerdem ist sie so überfrachtet mit Dialogen, dass es schwerfällt, die wichtigen Informationen von den belanglosen zu trennen.

Zwar sind die Gespräche bis zum Rand gefüllt mit Erläuterungen, wie was wann irgendwie passiert ist, essenzielle Erklärungen wie die Motivation mancher Figuren oder die exakte Zeitlinie der Ereignisse werden aber unter dem ganzen Geschwurbel begraben oder sogar komplett unterschlagen. So war mir bis zum Schluss nicht ganz klar, was das Ziel von Agent Smith überhaupt ist oder wie seine Handlungen ihn diesem näher bringen sollen. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (18) Quelle: Warner Bros. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (18)

Verständnis ist in dieser Geschichte allerdings ohnehin nicht mehr so wichtig wie es die Emotionen hinter den Geschehnissen sind. Sowohl auf Handlungsebene als auch bei der Philosophie hinter dem Film scheint das Hauptaugenmerk auf den Gefühlen der Figuren zu liegen. Die Liebesgeschichte zwischen Neo und Trinity nimmt daher auch den größten Raum ein. Ob einen diese berührt oder am Arsch vorbeigeht, entscheidet dann wohl auch darüber, ob man das Kino nach dem Showdown glücklich oder unbefriedigt verlässt. Wachowskis Liebe für ihre Figuren ist ebenso deutlich wie ihr anscheinender Hass gegenüber der Idee, einen vierten "Matrix"-Film ins Kino zu bringen.

Wo unsere Hauptfiguren und ihre Beziehung zueinander zumindest geprüft werden und wachsen, bleibt der Rest des Films auf der Strecke, bevor er dann einfach etwas unvermittelt endet. Warum ich, als der Schnitt zu den Credits kam, trotzdem herzhaft und tatsächlich ohne jegliche Böswilligkeit lachen musste, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten, es stimmte mich gegenüber dem abrupten Ende aber dann doch etwas milder.

Auch die süffisanten Darbietungen von Jonathan Groff und Neil Patrick Harris verdienen Erwähnung, auch wenn beide ihrer Figuren am Ende etwas zu kurz kommen. Und auch der "neue Morpheus" Yahya Abdul Mateen II, der in seinem knalligen orangen Anzug aussieht wie ein magischer Zuhälter aus den 1970er-Jahren, versprüht in seinen Szenen ordentlich Charme. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (5) Quelle: Warner Bros. Matrix: Resurrections Filmkritik: Soll das etwa ein Scherz sein? (5)

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Fazit

Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass "Matrix: Resurrections" ein konfuses, teilweise frustrierendes Kuddelmuddel ist, das manchmal wirkt, als seien wichtige Szenen nicht gefilmt worden und Teile der Deleted Scenes dafür im Film gelandet. Am Ende bleibt viel Frust, weil einige Ideen im Film eine stärkere Behandlung verdient gehabt hätten. Aber zumindest war ich während der etwas aufgeblasenen Laufzeit von zweieinhalb Stunden nur ganz selten gelangweilt. Vor allem die erste Hälfte des Films ist dafür auch einfach zu sonderbar.

    • Kommentare (83)

      Zur Diskussion im Forum
      • Von Frullo
        Zitat von StarLazer0
        Ich muss mal schauen, ob der sehr sehr gute („Neue") russische Panzer sich auf meine linke und rechte Hosentasche parken lässt.

        Dann brauche ich mir nicht selbst die Taschen zu zuhalten...
        Kryptisch, vermutlich nur auf Meskalin gehaltvoll. Aber vielleicht trotzdem sehr sehr gut? :B
      • Von Frullo
        Zitat von StarLazer0
        Ich muss mal schauen, ob der sehr sehr gute („Neue") russische Panzer sich auf meine linke und rechte Hosentasche parken lässt.

        Dann brauche ich mir nicht selbst die Taschen zu zuhalten...
        Kryptisch, vermutlich nur auf Meskalin gehaltvoll. Aber vielleicht trotzdem sehr sehr gut? :B
      • Von StarLazer0 Anfänger/in
        Zitat von Frullo
        Habe den Film am Neujahr gesehen und fand ihn sehr, sehr... gut.
        Von all den Fortsetzungen, Reboots, Spin-Offs die ich mir in den letzten Jahren reinziehen durfte, rangiert dieser ganz weit oben: Die Story wird kohärent weitergeführt, die Schauspieler, alt wie neu, passen wie gegossen in ihre Rollen und wer seinen Intellekt etwas anstrengt, findet durchaus auch in diesem Teil einiges an Philosophie.
        Ich muss mal schauen, ob der sehr sehr gute („Neue") russische Panzer sich auf meine linke und rechte Hosentasche parken lässt.

        Dann brauche ich mir nicht selbst die Taschen zu zuhalten...
      • Von Gast1712481002
        Zitat von Toni
        Beide Wachowskis haben wohl gesagt, dass sie definitiv keine neue Trilogie machen würden und Keanu Reaves hat in einem Interview wohl auch gemeint, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass von einer der Beiden nochmal eine Fortsetzung kommt https://www.pcgames.de/Ma...

        Aber wer weiß, es war ja auch mal kein 4. Teil geplant^^
        Hat er nicht gestern gesagt das er noch weitere Filme im Matrix Universum machen möchte?
        das die Wachowskis nicht mehr wollen, ist klar da selbst die eine die mitmachte auch nur eher ungewollt dabei war.
        ich bin der Meinung das ohne sie der Film besser geworden wäre.
      • Von Worrel Spiele-Guru
        Zitat von MichaelG
        Nur mal kurz ohne Spoiler: Teasert Teil 4 eine neue Trilogie an oder ist es ein geplanter Einzelfilm ?
        Resurrections ist ein Film, der ohne die bisherige Trilogie nicht funktionieren KANN.
        Es ist eindeutig eine Fortsetzung.

        Handwerklich fehlen allerdings einige essentielle Mitarbeiter, gerade im Bereich Kampf Choreographie, Special Effects, Musik ind Cinematographie - und das merkt man.
        Wer daher das selbe Feeling wie in der bisherigen Trilogie erwartet, kann nur enttäuscht werden.

        Es ist mehr ein "normaler Film" im Matrix Universum als Teil 4 der Trilogie.

        Natürlich kann man IMMER eine Geschichte fortsetzen. Sieht man ja alleine am Hauptdarsteller in Matrix 4. ;-)
        Momentan scheint es an Lana Wachowski zu liegen, ob ein 5. Teil gedreht werden wird, die sagt aber (momentan zumindest) deutlich: Nein.

        Geplant ist eine neue Trilogie also bisher zumindest nicht.
      • Von Toni Community-Managerin
        Zitat von MichaelG
        Nur mal kurz ohne Spoiler: Teasert Teil 4 eine neue Trilogie an oder ist es ein geplanter Einzelfilm ?
        Beide Wachowskis haben wohl gesagt, dass sie definitiv keine neue Trilogie machen würden und Keanu Reaves hat in einem Interview wohl auch gemeint, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass von einer der Beiden nochmal eine Fortsetzung kommt https://www.pcgames.de/Ma...

        Aber wer weiß, es war ja auch mal kein 4. Teil geplant^^
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