Unsere Synchronisationskultur: Deutschlands Hass-Liebe
Bruce Willis hört sich an wie Sylvester Stallone; Oberyn Martell und Barney Stinson haben dieselbe Stimme; nur Christoph Waltz bleibt Christoph Waltz. Wie praktisch unsere so stark ausgeprägte Synchronisationskultur auch sein kann, manchmal empfinden wir sie eher als störend. Aber Fakt ist: Deutschsprachige Synchronsprecher gehören zu den Besten der Welt und die sollten wir vielleicht wieder ein wenig mehr zu schätzen wissen.
Während in anderen Ländern außer Animations- und Kinderfilmen die meisten Kinostreifen in Originalvertonung auf die Leinwände kommen, sind wir Deutschen dafür berühmt, alles in unsere Muttersprache zu übertragen und zu synchronisieren. Tatsächlich haben wir das "Voice-Acting" zu einer eigenen Kunstform erhoben, denn Synchronisation heißt nicht einfach, den Text aus dem Skript vor zu lesen - eine Stimme trägt ja immer auch Emotionen. Und wer möchte schon einen gelangweilt heruntergeratterten Dialog eines Helden mit dem Bösewicht verfolgen?
Zudem stehen viele unserer Synchronsprecher auch hin und wieder selbst vor der Kamera: So spielte etwa Manfred Lehmann - die deutsche Stimme von Bruce Willis und Gerard Depardieu - unter anderem in mehreren Tatort-Episoden mit. Auch Philipp Moog (synchronisierte Neil Patrick Harris - Barney Stinson - in "How I Met Your Mother" und Pedro Pascal - "Oberyn Martell"- in "Game of Thrones") war in einigen deutschen Fernsehsendungen (etwa "Wilsberg" oder "Die Rosenheim-Cops") zu sehen.
Manfred Lehmann - Die deutsche Stimme von Gerard Depardieu und Bruce Willis
Das ergibt auch viel Sinn, denn der englische Ausdruck "Voice-Acting" heißt wörtlich übersetzt "Stimmen-Schauspiel" und trifft damit sehr gut den eigentlichen Job der Synchronsprecher. Schließlich sollen die mit jeder Vertonungsrolle in einen neuen Charakter schlüpfen und die Sprache und Stimme daran anpassen. Die Ergebnisse sind dabei allerdings stark durchwachsen: Besonders "Low-Cost-Productions" aus den USA fallen hier negativ auf, während die großen Werke Hollywoods meistens hervorragend synchronisiert sind - auch wenn wir das selten würdigen, denn es ist in den letzten Jahren immer mehr zum Trend geworden, sich über die deutsche Synchronisation zu beschweren.
Schließlich verbindet man mit den Gesichtern der Schauspieler dann auch die Stimme, die man gewohnt ist. Wenn sich Bruce Willis in "Stirb Langsam 3" auf Deutsch plötzlich anhört wie Sylvester Stallone, ist es keine Überraschung, dass Fans nicht sonderlich begeistert sind. Warum Manfred Lehmann hier nicht synchronisieren konnte oder wollte, ist nicht bekannt. Anders als bei Tom Hanks. Hier war der Wechsel des Synchronsprechers dem Todesfall von Arne Elsholtz im April dieses Jahres geschuldet, der dem US-Star jahrelang seine Stimme lieh (beispielsweise im oscarprämierten "Forrest Gump"). Auch hier gab es einigen Ärger in der Fangemeinde, obwohl man Elstholtz wohl kaum wiederbeleben kann. Schließlich passt Tom Hanks' Stimme trotzdem einfach nicht mehr zu Tom Hanks' Gesicht.
Quelle: Studiocanal; Universum; Warner
Ähnlich geht es auch anders herum: Schaut man eine Serie erst in der einen Sprache und wechselt dann, nach einigen Episoden, auf die andere, führt das auch sehr leicht zu Verdrus. Besonders bei auffälligen und einprägsamen Stimmen, wie etwa der von Benedict Cumberbatch, der gar keinen festen deutschen Synchronsprecher hat, empfindet man die deutsche Synchronisation schnell als unzulänglich. So ist es auch bei vielen anderen Schauspielern, etwa Anna Faris oder Emma Stone, die beide durch ihre raueren Stimmen auffallen. Während Erstere noch immer in fast jedem Film eine andere deutsche Synchronschauspielerin hat, wurden Letztere in ihren neueren Rollen ausschließlich von Anja Stadlober eingesprochen.
Erfreulich sind da dann Fälle wie Christoph Waltz. Der österreichische Schauspieler synchronisiert sich nämlich selbst, wenn er in einem englisch-sprachigen Film (zuletzt "Spectre", demnächst "The Legend of Tarzan") mitspielt. Und andere tun es ihm gleich: Sibel Kekilli oder Tom Wlaschiha (beide: "Game of Thrones") etwa, die ebenfalls ihre Rollen selbst einsprechen. Dass das nicht immer geht, ist allerdings klar. Schließlich kann niemand erwarten, dass jeder Film- oder Seriencharakter vom Originalschauspieler in perfektem, akzentfreiem Deutsch synchronisiert wird, auch wenn das eigentlich ganz nett wäre. Quelle: Warner; Universal Aber das ist letztendlich Jammern auf hohem Niveau, denn, wie bereits gesagt: Wir haben das "Voice-Acting" zu einer Kunstform erhoben; in keinem anderen Land in Europa ist die Synchronisationskultur so ausgeprägt wie in Deutschland, was viele schon lange nicht mehr zu schätzen wissen. Die meisten unserer (nicht deutschsprachigen) Nachbarn zeigen fremdsprachige Kinofilme nur in Originalvertonung mit Untertiteln - Kinderfilme einmal ausgenommen. Für die Fernsehausstrahlung und die DVDs/Blu-Rays wird dann manchmal doch synchronisiert, das ist von Land zu Land und von Film zu Film unterschiedlich. In Russland hat man sich dagegen für eine dritte Alternative entschieden: Hier wird der russische Text einfach über den fremdsprachigen Originalfilm gesprochen. Schlussendlich gilt: Wie man seine Filme schaut, ob Originalvertonung, mit Untertiteln, synchronisiert oder plump übersprochen, ist nicht nur Geschmacks- sondern auch Gewohnheitssache.
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Apropos Synchro. Was mich nervt ist die Syncho in Enterprise. Beispiel: T'Pol und Trip siezen sich im privaten selbst nachdem sie miteinander ...... Vollkommen weltfremd.
Irgendwie begreifen einige immer noch nicht daß es You (Sie) und You (Du) gibt.
Hier fehlt den Verantwortlichen oft das Feingefühl für die Situationen ab wann ein Du statt ein Sie angebracht ist. Ach was die merken nicht einmal wenn ein 40 Tonner auf deren Füßen stünde.
Wobei ich eh der Meinung bin, dass gerade hessisch alles ungemein aufwerten kann, das hat immer so was herrlich rotzig-lässisch...äääh, lässiges.
Sage ich als zugereister, gebürtiger Bayer. :-D
Asterix und Obelix auf Hessisch ist ja auch grandios. Hier ein Ausschnitt:
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Wobei ich eh der Meinung bin, dass gerade hessisch alles ungemein aufwerten kann, das hat immer so was herrlich rotzig-lässisch...äääh, lässiges.
Sage ich als zugereister, gebürtiger Bayer. :-D