Fallout: New Vegas oder: Wie ich lernte, die Mod zu lieben - ein Bericht über Mods, Bugs und die gute alte Zeit
Eigentlich hatte ich Fallout: New Vegas endgültig abgeschworen. Wegen einer einzigen Mod bin ich nun aber doch wieder in der Mojave-Wüste gelandet: Kein Grafik-Overhaul, keine Total Conversion, kein Cheat und auch kein neues Feature-Paket. Stattdessen genügte mir schon eine kleine Interface-Verbesserung - und schon war der Spielspaß zurück. Zumindest für eine Weile. Ein Bericht.
Auf dieser Seite
Mods und ich, das hat nie gut zusammengepasst. Mich wundert das selbst ein bisschen. Denn eigentlich bin ich tief beeindruckt von dem, was fleißige Modder Tag für Tag zustande bringen. Entfliehen konnte ich dem Thema ohnehin nicht: Jahrelang ließ mein Kumpel Stefan praktisch keinen Tag im Büro verstreichen, ohne mir von seinen neuen Streifzügen durch die Modding-Szene zu berichten (wirklich: Der Mann liebt seine Mods!). Ich wusste also ungefähr, welche Schätze ich all die Jahre verpasst habe.
Allein: Für mich persönlich waren Mods bislang einfach nichts.
Denn beim Spielen bin ich Purist, mehr oder weniger. Ich mag es, die allermeisten Titel so zu erleben, wie sie die Entwickler beabsichtigt hatten. Darum kommen mir Texturpakete, neue Charaktermodelle, Frisuren, Waffen, Quests oder Fähigkeiten erst mal nicht auf die Platte. Dass man sich GTA 5 unglaublich verschönern oder Skyrim in Reizwäsche erleben kann - geschenkt. Privat bleibe ich lieber bei den Originalen.
Das gilt auch für die eine Serie, für die es wirklich Mods im Überluss gibt: Fallout. Ja, ich weiß. Ausgerechnet Fallout! Blickt man auf NexusMods, wird man förmlich erschlagen, so reichhaltig ist das Angebot. Doch erst jetzt habe ich meinen inneren Schweinehund überwunden, die Suche nach einer ganz bestimmten Mod gestartet - und wurde fündig.
Kleine Mod mit riesiger Wirkung
Man kann über Fallout 4 sagen, was man will - aber eines seiner Features ist so gut, dass es den beiden Vorgängern Fallout 3 und Fallout: New Vegas (jetzt kaufen 35,68 € / 8,99 € ) heutzutage schmerzlich fehlt: Die schnelle Lootanzeige. Denn in Fallout komme ich an so irrsinnig vielen Behältern (und besiegten Feinden) vorbei, dass ich einen merklichen Teil der Spielzeit nur damit verbringe, ein Beutefenster nach dem nächsten zu öffnen. Quelle: PC Games Und genau das entfällt in Fallout 4: Hier lasse ich mir schon vor dem Öffnen des Behälters den Inhalt anzeigen, einfach mit dem Cursor drüber und fertig - wenn mir dann etwas gefällt, schalte ich die Items per Mausrad durch, ein Tastendruck, schon hab ich den Kram. Genau dieses Feature habe ich mir auch in Fallout: New Vegas gewünscht!
Und so stieß ich auf Quickloot - eine kleine Mod, die mir genau das liefert. Ach, was für eine Erleichterung! Es macht so viel mehr Spaß, die Welt damit abzusuchen, Behälter zu durchstöbern, die Augen nach nützlichem Zeug offen zu halten. Wirklich: Ich könnte Fallout nicht mehr ohne spielen. Allein wegen dieser Mod habe ich Fallout: New Vegas - das ich eigentlich nicht zu meinen Favoriten zähle - nochmal gute 70 Stunden lang erkundet. Sekunden, die ich in der Zeit an Fallout 76 gedacht habe? Keine einzige.
Quelle: PC Games
Diese Mods habe ich benutzt
Nun wäre es aber nicht New Vegas, wenn es nicht Probleme gäbe. In meinem Fall lag es wohl daran, dass ich schlichtweg nicht wusste, wie man Mods vernünftig installiert. Ich habe zwar den Nexus Mod Manager verwendet, aber irgendwo ist bei der Installation trotzdem etwas schief gegangen. Darum: alles nochmal von der Platte kicken und sauber von vorn beginnen. Das ist der Kram, den ich schlussendlich verwendet habe (wenn auch in anderer Reihenfolge):
- Nexus Mod Manager (0.65.11)
- NVAC - New Vegas Anti Crash
- Yukichigai Unofficial Patch
- Fallout 4 Quickloot for New Vegas
- MTUI
- UIO
- JIP LN NVSE Plugin
- Nvidia d3d9 perf fix
Quelle: PC Games Manches davon ist Voraussetzung für Quickloot. Anderes verwende ich, um die Stabilität zu erhöhen und Bugs zu vermeiden. Denn da muss man gar nichts beschönigen: Fallout: New Vegas war schon bei Release eine deftige Bugschleuder, schlimmer als Fallout 3 oder Fallout 4. Heute, so scheint mir, hat das Spiel sogar ein paar Probleme dazugewonnen. Es ist traurig, aber: Ein fehlerfreies New Vegas werden wir wohl nie mehr erleben. Trotzdem habe ich meinen Spaß, denn die Fanpatches zeigen Wirkung: Fast 40 Stunden lang läuft Fallout: New Vegas so rund, wie ich es überhaupt noch nie erlebt habe. Alle NPCs tun was sie sollen, alle Quests lassen sich abschließen, alle Fraktionen verhalten sich normal. Dass hier und da mal ein paar Mutantenviecher durch den Fußboden clippen oder ein Begleiter für einen Augenblick verschwindet, juckt mich nicht weiter - da habe ich schon viel Schlimmeres erlebt!
Neues Vegas, alte Bugs
Doch noch ein paar Stunden später treten doch die ersten gravierenden Fehler auf: Beim Betreten eines Casinos (als ob die nicht schon nervig genug wären) friert beispielsweise die Kamera ein, ich kann nichts mehr anklicken und mein Held bewegt sich nicht. Ich werfe Google an, wühle mich durch Foren, bis ich die Lösung finde: Der Konsolenbefehl "enableplayercontrols" bringt die Rettung. Der nächste Bug zerballert mir den Sound: Geräusche und Dialoge fehlen urplötzlich, kurz darauf crasht das Spiel zuverlässig. Tritt nicht häufig auf, nervt aber. Wer Fallout kennt, der weiß: bloß nicht an Savegames sparen!
Noch ein wenig später kommt dann der bislang schlimmste Fehler: Mitten in einem Dialog kann ich nichts mehr anklicken. Ich lade einen früheren Spielstand. Kurz darauf das gleiche Problem. Immer und immer wieder. Warum dieser ätzende Bug bei mir erst nach 60 Stunden aufgetreten ist, weiß ich nicht - aber ein Blick ins Steam-Forum zeigt mir, dass ich mit dem Problem nicht allein bin.
Quelle: PC Games Die Antworten der Spieler sind entmutigend: Der Bug würde vermutlich mit der Map und der Position des Mauscursors zusammenhängen, Alt+Tab könnte kurzzeitig helfen oder eine veränderte Tastenbelegung, aber eine dauerhafte Lösung habe man nicht. Zur Not könnte man ja mit dem Gamepad spielen, denn damit tritt der Bug nicht auf. Eigentlich keine schlechte Idee! Allein: Mein Quickloot funktioniert damit nicht (oder ich habe es nicht damit zum Laufen gebracht). Und eigentlich möchte ich eh lieber mit Maus und Tastatur spielen. Also ist das Gamepad für mich erst mal keine Lösung.
Ich suche weiter - und finde nach zwei Tagen einen Beitrag, der mir empfiehlt, bestimmte ini-Einträge abzuändern. Bei der Gelegenheit schalte ich auch gleich noch die fehlerhafte Mausbeschleunigung ab - die hatte ich nämlich ohnehin im Verdacht, Probleme zu verursachen. Welche Änderungen schlussendlich die Lösung war, kann ich nicht genau sagen, ich weiß nur: Seit ich an den ini-Dateien rumgetippt habe, ist der Bug nicht mehr aufgetreten. Mir fällt ein Stein vom Herzen!
Außerdem beliebt bei PC-Games-Lesern
Fallout: Großer Serien-Rückblick - jetzt komplett
5Kurz vor dem Test zu Fallout 4 blicken wir zurück: Im mehrteiligen Serienspecial bekommt ihr einen Überblick auf die komplette Reihe - von Teil 1 bis Fallout 4!Mit letzter Kraft ins Ziel
Also alles super? Leider nein. Denn gegen Ende der Hauptquest zerbröseln mir die Handlungsstränge dann schließlich doch noch: Von den Kings über Kahns bis hin zur NCR habe ich alle Fraktionsaufgaben gelöst, habe mich den Befehlen von Mister House unterworfen und nebenbei die Machtübernahme im Lucky 38 vorbereitet. Doch kurz bevor ich alles abschließen kann, bricht das - eigentlich coole - Fraktionssystem in sich zusammen. Die NCR schickt mir plötzlich Leute entgegen, die mich warnen, noch weiter mit Yes Man zusammenzuarbeiten - leider tun sie das direkt in der NCR-Zentrale, weshalb Sekunden später die ganze Belegschaft rot sieht und mir einen Kugelhagel um die Ohren jagt. Dass dabei sämtliche NCR-Quests scheitern, versteht sich von selbst. Also: Ein früheres Savegame laden.
Nicht viel besser sieht es bei Caesar's Legion aus: Als ich dort wie vereinbart aufkreuze, geht das gesamte Lager auf mich los. Kein Problem, ich bin blendend ausgerüstet und schieße die Bude gründlich zusammen, auch Caesar selbst streicht nach ein paar Treffern die Segel. Doch sollte ich eigentlich nicht vorher mit ihm reden können? War es wirklich so gedacht, dass mich die Legion in diesem Augenblick angreift? Ich glaube mich zu erinnern, dass dieser Part anders ablaufen sollte. Aber sei's drum - der Legion weine ich ohnehin keine Träne nach. Und da ich nun sicher bin, dass ich dem wackeligen Fraktionssystem und den ineinander verzahnten Hauptquests nicht noch mehr zumuten will, beschließe ich, die Story so schnell und direkt wie möglich abzuschließen: Mister House wird schnurstracks abgenabelt, seine Securitrons gehören mir, der Hoover Dam ist binnen weniger Minuten verteidigt.
Quelle: PC Games Alles in allem konnte ich Fallout: New Vegas also tatsächlich nochmal durchspielen. Auch wenn das Spielgefühl nun langsam einer klapprigen alten Karre ähnelt, der während der Fahrt bereits ein paar Räder abgefallen sind. Solange man da beim Lenken keine hektischen Bewegungen macht, kommt das Teil zwar noch irgendwie ans Ziel, aber bremsen oder rückwärts einparken würde ich damit nicht mehr. Mit anderen Worten: Fallout: New Vegas hat zwar irgendwie bis zum Finale durchgehalten, doch ob ich jetzt auch noch die DLCs spiele, mit all den Bugs im Nacken, das muss ich mir noch sehr gut überlegen.
Wirklich so gut wie sein Ruf?
Dass ich dem Spiel überhaupt nochmal so viel Zeit widmen würde, hätte ich niemals gedacht. Denn eigentlich bin ich kein übermäßiger Fan von Fallout: New Vegas. Im Test vor fast neun Jahren (!) hatte ich es mit einer 84 bewertet, damit landete ich auch im internationalen Schnitt. Denn Fallout: New Vegas ist zwar ein sehr gutes Spiel, mit dem ich schon vor Release viel Spaß hatte, doch trotzdem konnte es mich nie so begeistern, wie es zuvor der dritte Teil geschafft hat. Das hat mehrere Gründe. Die vielen Bugs etwa. Die meistens eher langweilige Rahmenhandlung. Die oft ebenso lieb- wie leblosen Innenlevels, die sich gestreckt anfühlen, ganz besonders im Zentrum von New Vegas - gibt es eigentlich langweiligere Schauplätze als Casinos!?
Vor allem aber gefiel mir die Welt nicht so sehr wie die von Fallout 3 oder Teil 4: Obsidian hat zwar hier und da zweifellos denkwürdige Locations entworfen und insgesamt irre viel Landmasse abgeliefert, doch die Anordnung der Ruinen, Häuser, Fabriken und Läden wirkt auf mich oft so willkürlich und unnatürlich, dass ich mir vorkomme, als würde ich durch einen Leveleditor laufen und nicht durch eine organische Spielwelt - hier kommt Obsidian aus meiner Sicht einfach nicht an Bethesda heran.
Quelle: PC Games Warum also New Vegas nochmal eine Chance geben? Weil es auch jede Menge Möglichkeiten und hohen Wiederspielwert bietet! Es gibt tonnenweise Perks freizuschalten. Viele Fraktionen, die ich unterstützen oder ausrotten kann. Eine Fülle an Questentscheidungen, die spürbare Auswirkungen haben. Massenhaft Zeug zum Sammeln und Entdecken. Im Vergleich zu Teil 3 coole Neuerungen wie den Hardcore-Modus oder die Munitionstypen. Eine riesige Auswahl an Waffen. Nützliche Begleiter. Und noch vieles mehr.
Was ich ganz besonders mag an New Vegas und natürlich auch an Fallout 3: Das Tempo der Engine! Denn ich hasse Ladezeiten, ganz besonders in Spielen wie Fallout 4 oder Skyrim, das ich seinerzeit zuerst auf der Xbox 360 durchgespielt habe. Wir haben dazu mal einen tollen Video-Vergleich gemacht, schaut's euch an - meine Güte, was das dauert! In Fallout 3 oder New Vegas dagegen ist alles in Sekunden(bruchteilen) geladen, egal ob ich ein Gebäude betrete oder die Schnellreise per Karte benutze. Alles superflott und ohne Leerlauf - genau so muss es sein. Da nehme ich auch gern die deutlich schlechtere Grafik in Kauf.
Bildergalerie
Was kommt als nächstes?
Vieles spricht für New Vegas und ich verstehe jeden, der den Teil in guter Erinnerung behalten hat - oder ihn heute noch spielt. Für mich ist das Kapitel allerdings erst mal abgeschlossen. Vielleicht schaue ich noch in ein paar DLCs rein, vielleicht aber auch nicht. So richtig gespannt dagegen bin ich auf Fallout: Cascadia, das die Rollenspielstärken der Vorgänger mit dem Grundgerüst von Fallout 4 vereinen will - das schaut schon im Trailer ziemlich toll aus!
Und was Mods betrifft, scheint das Eis bei mir zumindest ein wenig gebrochen zu sein. Ich habe Lust bekommen, noch mehr auszuprobieren. Skyrim zum Beispiel! Das wollte ich schon lange mal wieder durchspielen. Diesmal aber mit einem vernünften PC-Interface. SkyUI ist also schon mal gesetzt - oder gibt's da etwas Besseres? Und wer weiß, vielleicht traue ich mich diesmal auch an andere Mods ran. Natürlich habe ich mich ein bisschen umgesehen und bin schon auf den ersten Lichtblick gestoßen: Quickloot gibt es nämlich auch für Skyrim. Und vielleicht wird es auch mal an der Zeit, dieses klitzekleine Fan-Spiel namens Enderal auszuprobieren? Soll ja ganz nett sein!
Was ich auf jedem Fall empfehlen würde, ist DarNified UI. Gibt es sowohl für F3 als auch für FNV.
[Ins Forum, um diesen Inhalt zu sehen]
Ansonsten bin ich auch jemand, der Spiele inhaltlich gern Vanilla (oder zumindest Lore-Friendly) genießt. In Skyrim z. B. käme ich nie auf die Idee, irgendwelche Mods mit Gegenständen oder Gegnern aus anderen Spiele- oder Filmeuniversen zu integrieren. Ich bin jedes Mal entsetzt, wenn ich irgendwelche halbnackten Anime-Mädels für Skyrim sehe. Sowas kann ich wirklich nicht gebrauchen. Solche Spiele leben aus meiner Sicht, mehr noch als vom Gameplay, vor allem von ihrer Lore. The Elder Scrolls z. B. ist darin inzwischen so gut, dass der spielerische Inhalt zumindest seit Skyrim meiner Meinung nach nicht mehr mit der Lore qualitativ mithalten kann.
Wo ich dagegen massiv Mod nutze, sind Rennsimulationen (natürlich suche ich mir da aber auch nur die Kirschen raus). Da gibt es massig hochwertige Autos, Strecken, teilweise sogar ganze Rennserien (z. B. DRM/Gruppe 5, RSS GT oder seit kurzem die 1967 Formel 1 Mod für Assetto Corsa). Die Sachen sollten natürlich mit dem originalen Content ausbalanciert sein und die Strecken nahe am Original sein. Aber durch Leute, die sich sehr viel besser auskennen, als ich, filtern sich da recht schnell die guten Sachen heraus.
Generell würde ich mir viel häufiger umfangreichen Modsupport für Spiele wünschen. Ich glaube, da hätten auch die Entwickler was von, schließlich verkaufen sich Titel wie Skyrim & Co. noch heute vergleichsweise gut, während andere Spiele aus der Zeit schon fast in Vergessenheit geraten sind.
"JSawyer is a personal modification created by project director Joshua Eric Sawyer for those willing to experience a harder, more challenging Fallout: New Vegas and was released on December 29, 2011. It also includes several technical fixes and tweaks (particularly to the Karma system), that were not included in previous patches. While it is considered unofficial by its creator, it does provide insight into the aims of the lead developer and contains planned tweaks that never made it into the final release or in official patches."
https://www.nexusmods.com/newvegas/mods/61592?
Quickloot verwende ich übrigens auch in Skyrim. Funktioniert hervorragend und ich könnte nicht mehr ohne!
@Sheggo
Ich habe die Welt als deutlich trister als in F3 in Erinnerung. Das hat bei mir viel ausgemacht. Und dann kam eben hinzu, dass Teil 3 als erstes da war und NV abseits von Story und Quests nichts groß anders gemacht hat.